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Das Neue Wienerlied boomt: Nur ein bisserl Weltverachtung

Die Strottern haben das Wienerlied wiederbelebt: Klemens Lendl und David Müller.
Die Strottern haben das Wienerlied wiederbelebt: Klemens Lendl und David Müller.(c) Strottern.at; Peter M. Mayr
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Irgendwo eingezwängt zwischen traditionellem Wienerlied, Austropop und modernem Liedermachertum steht das Neue Wienerlied. Und es hat derzeit Hochkonjunktur – auch wenn sich nicht jeder Vertreter zur Szene bekennen will.

Darüber, was einem Wiener alles ins Gemüt geht, hat H. C. Artmann ein schmuckes Gedicht geschrieben. In seiner Aufzählung wichtig waren identitätsstiftende Dinge wie „a schachtal dreia en an bisoaa“, „a schas med quastln“, „quagln en essechundöö“, „es gschbeiwlad fua r ana schdeeweinhalle und en hintagrund auf jedn foe: da liawe oede schdeffö!“ Helmut Qualtinger hat dieses Poem 1966 mit vollendetem Rhythmusgefühl und herrlicher Maliziosität gesungen. Qualtingers Album „Singt Schwarze Lieder“ gilt als gemeinhin bestes wienerisches Album aller Zeiten. Noch vor dem mit dem kongenialen André Heller aufgenommenen „Heurige und gestrige Lieder“ von 1979, einer Sammlung gut abgelegener und frisch komponierter Klassiker wie „Allan sei is ärger als Ratzen fressen“ und „Krüppellied“. Fühlung mit der Vergangenheit hatte Heller schon 1974 mit „A Musi! A Musi! (Wienerlieder des 18., 19. und 20. Jahrhunderts)“.

In ähnlichem Austausch sind die aktuellen Protagonisten des wienerischen Lieds. Das Kollegium Kalksburg brilliert auf seinem neuesten Opus „Ewig Schod Drum“ mit einer Coverversion von André Hellers „Unhamlich leicht“. Die Strottern, große Fans von der Liedkunst eines Kurt Sowinetz, interpretierten jüngst im Wiener Konzerthaus sogar den durch Heinz Conrads berühmt gewordenen „Praterboogie“. Auch Hellers „Und dann bin i ka Liliputaner mehr“ zelebrierten sie streicherumflort. Was ist das Konstante am wienerischen Gemüt und seinen Ausdrucksweisen über die Jahrhunderte? Was ist das unzerstörbar Wienerische am Wiener? Klemens Lendl, der Sänger und Geiger der Strottern, ortet im gebrochenen Selbstbewusstsein das Zentrum des wienerischen Gemüts: „Diese Gleichzeitigkeit von einander widersprechenden Gefühlsströmungen, die gibt es nicht oft auf dieser Welt.“

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