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Nachruf: Er war Österreichs Jazzprofessor

Integrator der Jazzszene: Erich Kleinschuster (1930–2018).
Integrator der Jazzszene: Erich Kleinschuster (1930–2018).(c) APA/FRANZ NEUMAYR (FRANZ NEUMAYR)
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Er gründete die ORF-Big-Band und das Jazzinstitut am Konservatorium Wien: Posaunist und Komponist Erich Kleinschuster ist im Alter von 88 Jahren gestorben.

Eigentlich wollte Erich Kleinschuster ja Zahnarzt werden, während sein Vater für ihn eine Beamtenkarriere vorhergesehen hatte, doch mit beidem wurde es nichts – zum Wohl der österreichischen Szene: Denn der in Graz geborene Kleinschuster wurde nicht nur Jazzmusiker, sondern eine ganz wichtige Integrationsfigur dieser Musik. Er studierte Jus und Musikwissenschaft, lernte Posaune und entdeckte immer mehr seine Begeisterung für den Jazz. 1958 war er zum ersten Mal beim Newport Jazz Festival, wo er die damaligen Giganten des Jazz kennenlernte, sogar im Haus von Louis Armstrong übernachtete. Sein Vorbild als Posaunist war J. J. Johnson, der ganz konservativ beim Swingmeister Count Basie begonnen hatte, aber 1957 bei einem der größten Aufbrüche des Jazz beteiligt war: bei „The Birth of the Cool“ von Miles Davis.

Das umreißt auch Kleinschusters stilistisches Spektrum ganz gut: Er übertrug den Ton von Miles auf die Posaune, und er war wie dieser keiner von denen, die sich kompromisslos der freien Improvisation, dem Freejazz verschrieben. Auch nicht mit seinem legendären Sextett, das er 1966 gründete, in dem u. a. Art Farmer und Fritz Pauer spielten. Er musizierte auch mit Friedrich Gulda und Joe Zawinul (dessen Liebe für gehäkelte Hauben er teilte), doch während dieser in die USA ging, um mit Miles Davis den Rockjazz zu erfinden, und jener die Klassikhörer mit Improvisiertem provozierte, widmete Kleinschuster sich dem Institutionellen. 1971 wurde er beim ORF Produktionsleiter der Abteilung für Unterhaltungsmusik, wo er die ORF-Big-Band gründete, der er so subtile wie pfiffige Arrangements schrieb, die auf Ö3 regelmäßig zu hören war und auch international einen hervorragenden Ruf genoss.

Genauso geprägt hat er die Lehre: Schon 1969 wurde er zum Leiter des Instituts für Jazz am Konservatorium Wien bestellt, 1976 ging er nach Graz, 1985 wurde er dort ordentlicher Professor, bei ihm lernten viele heimische Jazzgrößen. „Ohne Jazz geht es heute nicht mehr“, pflegte er zu erklären, und: „Musiker müssen ihr Handwerk verstehen.“ Er selbst verstand es – und war dabei originell: Von seinen vielen Kompositionen bleiben etwa drei Jazzmessen (darunter die Oberwarter Messe), eine „Symphony for a Lady“, „Maurische Anekdoten“ und „A Farewell to Orwell“. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2018)

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