Pop

Die Muskelspiele milder Machos

Billy Cobham
Billy Cobhamimago images / CTK Photo
  • Drucken

Billy Cobham begeisterte im Porgy & Bess mit seinem „Crosswinds“-Projekt.

Auch mit 75 Jahren verfügt Schlagzeuger Billy Cobham über genügend „cocky attitude“, um sich in jeder Lebenslage Respekt zu verschaffen. In der Musik muss er es nicht mehr tun, da gilt er seit den Siebzigerjahren als Großmeister der Fusion von Jazz und Rock. Er war Gründungsmitglied des Mahavishnu Orchestra, Musiker bei Miles Davis, vor allem aber nahm er selbst epochale Alben auf.

„Spectrum“, sein Debüt von 1973, verkaufte sich sensationelle 3,5 Millionen Mal. Ein Jahr später folgte das nicht minder aufregende „Crosswinds“, das er nun mit jüngeren Musikern, die allerdings selbst schon um die Fünfzig waren, neu interpretierte.

Mit einer flamboyanten Version des Titelsongs startete das Quintett ideal. Keyboarder Scott Tibbs beeindruckte mit funky Einschüben, Paul Hanson mit quirligen Sopransaxofonlinien. Cobham selbst praktizierte das, was „Power House Drumming“ genannt wird, also einen vitalen Mischstil, der Kraft mit Zartgefühl verbindet. Galt es früher, möglichst viele Noten pro Zeiteinheit unterzubringen, so groovte dieses Ensemble bewusst sparsamer.

Ein Highlight war die Suite „Spanish Moss – A Sound Portrait“, wo Paul Hanson zum Fagott griff, dessen Verwendung im Jazz recht rar ist. Die Virtuosen achteten meist darauf, nicht zu viel Muskeln zu zeigen. Die stillen Passagen wie „Savannah the Serene“ und „Heather“ demonstrierten, wie hochwertig die früher eher negierte lyrische Kehrseite des Jazz-Rock sein kann. Das unvermeidliche Highlight war dann das von Einzelschlagwirbeln dominierte „Stratus“, das 1990 die britische Band Massive Attack neuerlich zum Hit machte. Da war es mit der Dezenz aus. Der gut geölte musikalische Bizeps zuckte jetzt in aller Machoherrlichkeit. (sam)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.