Cécile McLorin Salvant erweckt die Jazzgeschichte

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McLorin Salvant versteht es einmal mehr, steinalten Blues- und Jazzliedern einen überraschenden Anstrich von Aktualität zu verleihen.

Sie hat französisch-guadeloupische und haitische Wurzeln, ist aber in Miami aufgewachsen. Zunächst hatte Cécile McLorin Salvant, heute 28, sich für Jus und Politikwissenschaften entschieden und studierte nur so nebenher zunächst klassischen, dann Jazzgesang. Doch dann kam eine Traumkarriere: Nach einem 2010 veröffentlichten Album mit dem Paris Quintet ihres französischen Gesangslehrers Jean-François Bonnel debütierte sie 2013 mit dem eindrucksvollen „Woman Child“, das Juwelen wie „Le Front Caché Sur Tes Genoux“ und „You Bring Out the Savage In Me“ enthielt.

Fürs nächste Album („For One to Love“) erhielt sie 2016 den Grammy für Jazzgesang. Nun bringt sie, die lustvoll Raritäten aus der Jazzgeschichte aufpoliert, aber auch selbst Vertonungen von Gedichten vorlegt, ihr erstes Doppelalbum heraus. „Dreams and Daggers“ ist teilweise live – unter anderem mit ihrem Stammpianisten Aaron Diehl – im patinierten New Yorker Club Village Vanguard eingespielt. Ein paar Songs hat sie mit dem Catalyst Quartet aufgenommen. Die erste Single „You‘re My Thrill“ verwöhnt zudem mit einem exquisiten Streicherarrangement.

McLorin Salvant versteht es einmal mehr, steinalten Blues- und Jazzliedern einen überraschenden Anstrich von Aktualität zu verleihen. Das verhuschte „Tell Me What They‘re Saying Can‘t Be True“, eine Komposition des einstigen Cotton-Club-Pianisten Buddy Johnson, ist so eine Wiederentdeckung eines vergessenen Songs. Ein anderes Gustostückerl ist das raue „Wild Women Don‘t Have the Blues“, das gefährlich zischende Zeugnis der Selbstermächtigung der Bluessängerinnen der Zwanzigerjahre.

Bald live in Wien. Wenn McLorin Salvant sich bekannterer Stücke wie Gershwins „My Man’s Gone Now“ oder Irving Berlins „Let’s Face the Music and Dance“ annimmt, dann tut sie es, um diesen Songs einen neuen Twist zu verleihen. Manches klingt dann vital wie einst bei Betty Carter, anderes schmerzhaft wie bei der späten Abbey Lincoln. Mit viel Finesse jongliert sie zwischen sublimem Liebeszwitschern und konkreter Sozialkritik. Von besonderer Güte ist „Fascination“, ein von ihr vertontes Liebesgedicht des Harlem-Renaissance-Poeten Langston Hughes, das dezent die Schönheit der schwarzen Kultur zelebriert. In einem der Livesegmente aus dem Village Vanguard begrüßt sie ihre Mutter und lobt sie dafür, dass sie schon acht Konzerte durchgehalten hat. Dass das alles andere als eine Qual ist, kann man am 29. Oktober im Wiener Konzerthaus nachprüfen, wo sie dieses wunderschöne Album vorstellen wird. (Lotus)

„Dreams and Daggers“, ein Doppelalbum von Cécile McLorin Salvant.
„Dreams and Daggers“, ein Doppelalbum von Cécile McLorin Salvant.(c) Beigestellt

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