200 kleine Stars und viele große Namen

(c) Franz Neumayr
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Die Salzburger Festspiele haben ein breites Angebot für Kinder und Jugendliche. Etwa einen eigenen Kinderchor.

Für seine glockenreinen und kraftvollen, ja sogar engelsgleichen Stimmen wird der Salzburger-Festspiele- und Theater-Kinderchor regelmäßig von der Kritik gelobt. Heuer feiert der Chor einen besonderen Geburtstag – den zehnten. 2008 wurde er gegründet, um für Opern einen eigenen Kinderchor für die Festspiele zu haben. Mit dem Aufbau und der Leitung des Chores betraute man Wolfgang Götz, einen erfahrenen Dirigenten und Theatermacher, der als Studienleiter am Salzburger Landestheater arbeitete und bei Sergiu Celibidache studiert hat. „2010 fusionierte der Chor mit dem Salzburger-Landestheater-Kinderchor, das gab uns nochmal neuen Auftrieb.“ Der Vorteil der Doppelrolle: Der Chor wirkt das ganze Jahr über an Produktionen mit und die Kinder lernen Opern- und Theaterbetrieb kennen.

Das beschert eine ganze Bandbreite an Auftritten: Von Kirchenkonzerten, Orchesterkonzerten über klassische Opernproduktionen bis zu eigenen Projekten, wie der Europapremiere von „Kick it like Beckham“ am Salzburger Landestheater (am 4. Mai 2018). Die institutionelle Absicherung gebe dem Chor Stabilität. „Frau Rabl-Stadler, die Präsidentin der Salzburger Festspiele und Carl Philip von ­Maldeghem, der Intendant des Salzburger Landestheaters, haben immer ihre schützende Hand über uns gehalten. So konnte sich der Chor gut entfalten und weiterentwickeln“, sagt Götz, der den Chor gemeinsam mit seiner Frau, der Stimmbildnerin Regina Sgier, betreut.

Freude am Singen. Ein Wiederhören mit dem Kinderchor gibt es beim schon traditionellen Fest zur Festspieleröffnung. Außerdem steht eine große Oper auf dem Programm: „Pique Dame“ von Tschaikowski, gesungen in russischer Sprache. Eine Herausforderung. „Ich habe mir einen Sprachcoach geholt, der mir mit dem Russischen hilft. Die Kinder singen mir dann nach. Wobei im Chor mehrere Kinder sind, die russisch sprechen – die lachen mich eh aus, wenn ich etwas falsch ausspreche,“ erzählt Götz.
Dass die Kinder Freude am Proben und Singen haben, ist für den Vater eines erwachsenen Sohnes oberste Priorität: „Wir haben 200 Kinder, die zwischen sechs und zwanzig Jahre alt sind. Kinder, die bei uns anfangen, hören selten auf – weil sie Spass haben und wirklich enge Freundschaften knüpfen.“
Natürlich muss es auch Struktur und Disziplin geben. „Im Winter gehört das Festspielhaus den Kindern, da proben wir und da wird es manchmal auch lauter. Im Sommer geht das natürlich nicht, da müssen sie diszipliniert sein und sich in den allgemeinen Probenbetrieb einfügen. Das klappt aber auch, wenn man das rechtzeitig klarmacht“, erzählt Götz.
Der Chor hat schon mit vielen großen Solisten gesungen, wie etwa Anna Netrebko, Jonas Kaufmann oder Piotr Beczala, ist unter Dirigenten wie Riccardo Muti, Christian Thielemann, Simon Rattle, Zubin Mehta, Gustavo Dudamel, John Eliot Gardiner und Franz Welser-Möst und mit Orchestern und Chören wie den Wiener Philharmonikern, Berliner Philharmonikern, dem Israel Philharmonic Orchestra, ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Simón Bolívar Symphony Orchestra of Venezuela, Monteverdi Choir u. a. aufgetreten. Dennoch sieht Götz den Chor nicht als elitäre Institution. „Wir haben sehr professionelle Kinder, sind aber nicht auf Eliten ausgerichtet. Zu uns kommen Kinder aus allen sozialen Schichten. Man erkennt in den ersten drei Monaten im Chor bereits einen extremen Lernfortschritt. Und durch das Eingebundensein in einen professionellen Betrieb – ob Festspiele oder Landestheater – wachsen sie weiter.“
Wichtig ist dem Chorleiter, dass der Chor ein bunter Mix aus erfahrenen und neuen Kindern ist. Götz weiß, wie jedes einzelne Kind „tickt“ – schließlich sieht er „seine“ Kinder mehrmals wöchentlich, über Jahre hinweg. Das schweißt zusammen. „Bei Mahlers Dritter müssen die Kinder eineinviertel Stunden ruhig auf der Bühne sitzen, bis sie drankommen. Das können nicht alle“, so Götz. Und er nimmt auf die familiäre Situation Rücksicht. „Unsere Kinder kommen aus einem großen Einzugsgebiet – von Bad Goisern bis Rosenheim in Bayern. Natürlich versucht man bei der Probeneinteilung darauf Rücksicht zu nehmen.“ Dass all „seine“ Kinder im Musikbetrieb Fuß fassen, ist nicht das Ziel von Wolfgang Götz. „Ich weiß gar nicht, ob ich mich freuen soll, wenn mir ein Kind erzählt, dass es Musik studiert. Weil das ein sehr harter Weg ist. Man muss die Musik nicht zum Standard für sein Leben machen, um bei uns mitzusingen.“ Für Götz ist es nicht der Applaus nach einer Aufführung, der ihn antreibt. „Natürlich freut man sich, aber das sind nur die
0,1 Prozent am Schluss.“ Weshalb widmet er seine gesamte Freizeit dem Chor? „Die emotionale Energie der Kinder und der Enthusiasmus, der sie antreibt, sind einfach unglaublich. Außerdem haben wir einen tollen Zusammenhalt unter den Chormitgliedern.“

Magische Kraft der Musik. Aber auch für Kinder, die nicht selbst auf der Bühne stehen wollen, haben die Salzburger Festspiele eine Reihe an Angeboten. Jedes Jahr wird eine neue Kinderoper präsentiert: Heuer steht Mozarts „Zauberflöte“ auf dem Programm. Basierend auf Mozart und Schikaneder kreieren Tomo Sugao und Aki Schmitt eine Neuproduktion der „Zauberflöte für Kinder“ ab sechs Jahren (Premiere: 27. Juli, vor jeder Vorstellung gibt es Einführungsworkshops). Das junge Publikum ist eingeladen, gemeinsam mit Pamina in eine fantastische Welt einzutauchen. Musikalisch wird die Produktion von der jungen litauischen Dirigentin Giedrė Šlekytė geleitet, die Sänger werden unter den Teilnehmern des „Young Singers Project“ rekrutiert. Auch letzteres ist eine Salzburger Spezialität: Mit dem Young Singers Project haben die Salzburger Festspiele eine Plattform zur Förderung des sängerischen Nachwuchses geschaffen, die auf mittlerweile zehn Jahre Erfolgsgeschichte blicken kann. Bei internationalen Vorsingen werden junge Sänger ausgewählt, die im Rahmen des Stipendiums die Möglichkeit erhalten, mit Festspielkünstlern zu arbeiten.
Auch der Dirigentennachwuchs kommt nicht zu kurz: Der mit 15.000 Euro dotierte Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award wird heuer zum neunten Mal von einer international besetzten Jury vergeben – wobei der Interpretation zeitgenössischer Werke besonderes Augenmerk geschenkt wird. Der Preisträger 2018 erhält die Möglichkeit, im Rahmen der Salzburger Festspiele 2019 ein Konzert zu dirigieren. Infos zu weiteren Kinder- und Jugendangeboten gibt‘s unter:

www.salzburgerfestspiele.at/jugend

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