Reif für die Insel und für großes Theater

Klaus Maria Brandauer
Klaus Maria BrandauerFRANZ NEUMAYR
  • Drucken

Von der Saline zu einem Theaterort – die Salzburger Festspiele feiern 2012 ihre 20-jährige Präsenz auf der Perner-Insel.

Woran denken Besucher der Salzburger Festspiele, wenn man ihnen das Stichwort Perner-Insel gibt? Die Umfrage ist vielleicht nicht repräsentativ, aber unter Kritikern heißt es ziemlich oft: „Schlachten!“ von Tom Lanoye und Luk Perceval, das Letzterer 1999 in Hallein inszeniert hat, als deutsche Erstaufführung. Zwölf Stunden inklusive Pausen dauerte die Vorführung dieser Melange aus acht Königsdramen William Shakespeares. Und sie ist insofern typisch, als auf der Perner-Insel seit 20 Jahren das Außergewöhnliche gezeigt werden soll, wie 1999 in der Spätphase der Intendanz von Gérard Mortier, als Frank Baumbauer bis 2001 in Salzburg fürs Theater verantwortlich war.

Und das Außergewöhnliche gelingt  auch. Wenn zum Beispiel Peter Stein 2010 den „Ödipus auf Kolonos“ des Sophokles inszeniert, mit Klaus Maria Brandauer in der Titelrolle (im Bild). Dann sieht man ein Schauspiel, das mehr bietet als das gewöhnliche Stadttheater. Und dafür ist die Perner-Insel genau der richtige Ort. Begonnen hat dort der Betrieb für die Salzburger Festspiele just mit Stein, der 1991 bis 1997 Schauspielchef bei Mortier war – ein Glücksfall für das Festival, denn Hallein prägt seither die Spiele stark mit, zumindest im Bereich Schauspiel, der damals aufgewertet wurde.

Bis 1989 war die Perner-Insel ein Wahrzeichen der Industrie. Dort wurde in einer großen Halle Salz verarbeitet. Das Areal ist denkmalgeschützt. Als dann die Salinenanlage aufgelassen wurde, nutzte die szene salzburg Teile davon für Aufführungen. Bald aber nahmen sich auch die Salzburger Festspiele der großen Sudhalle an und brauten dort großes Theater. Unter Peter Stein wurde 1992 der regelmäßige Betrieb im Sommer aufgenommen, 1997 verabschiedete er sich mit seiner Inszenierung von Grillparzers „Libussa“ und Shakespeares „Othello“ in einer Koproduktion mit dem Royal National Theatre unter der Regie von Sam Mendes. Welttheater in Hallein. Die Perner-Insel war seit jeher für Großereignisse vorgesehen, das ist bis heute so geblieben. Bis zu 800 Besucher kommen inzwischen pro Aufführung nach Hallein. Für den Theaterbereich ist die Perner-Insel wesentlich. Vom Erfolg der Aufführungen auf der Perner-Insel hängt maßgeblich ab, wie gut es dem Schauspiel geht.

Begonnen hat Stein mit einer fantastischen Antikentrilogie aus Stücken von Seneca, Euripides und Sophokles. Zweienhalb Jahre nach dem Fall des Kommunismus und der Liquidierung des rumänischen Diktators Ceausescu lud der Schauspielchef den rumänischen Regisseur Andrei Serban zu den Salzburger Festspielen ein, der mit dem Nationaltheater Bukarest eine vierstündige Fassung von „Medea“, den „Troerinnen“ und „Elektra“ erarbeitet hat. Das Resultat: eine legendäre Aufführung, ein Markstein. Die Kritiker der Fachzeitschrift „Theater heute“ wählten die Inszenierung 2000 zur besten des Jahres. Viermal wurde der Abend damals gegeben.

Inzwischen haben die Theaterchefs auf der Perner-Insel aufgerüstet, unter Ivan Nagel, Jürgen Flimm, Martin Kušej und Thomas Oberender, zumindest mit mehr Aufführungsterminen und mehr Plätzen fürs Publikum, aber auch mit eindrucksvollen Inszenierungen wie Marlowes „Edward II.“, Grillparzers „König Ottokar“, Molières „Tartuffe“. Oder Jan Lauwers intensiver Trilogie „Sad Face/Happy Face“: Drei volle Stücke wurden da an einem Abend durchgespielt und duchgetanzt. Und auch wenn es Goethes „Faust“ gab, waren es gleich Teil I und II am Stück. Um Mitternacht war man da noch lange nicht im Hotel in Salzburg.

Die Inszenierungen in Hallein sind als Zugpferd gedacht und deshalb auch als Höhepunkte für das Festspiel-Theater angesagt. Das wird auch beim neuen Theaterdirektor Sven-Eric Bechtolf so gepflogen, der nun seine erste Saison vorstellt. Für die Insel sind von ihm insgesamt 18 Aufführungen von drei Stücken geplant. Bei vollem Haus können  dann an die 12.000 Besucher innerhalb von nur vier Wochen die Aufführungen genießen.

Die erste Premiere auf der Perner-Insel unter Theaterchef Bechtolf wird am 30. Juli 2012 Henrik Ibsens Riesendrama „Peer Gynt“ sein, in einer englischen Fassung, die von Irina Brook, der Tochter des Regisseurs Peter Brook und der Schauspielerin Natasha Parry, für die Festspiele neu inszeniert wird. Das Ensemble: kosmopolitisch.

Vor allem für das junge Publikum sind dann ab 9. August als leichtes Zwischenspiel die fünf Auftritte von Theatre-Rites mit „Mojo“ gedacht. Unter der Leitung von Sue Buckmaster hatte das Spiel ohne Worte im Dezember im Barbican Centre in London Pemiere. Wirklich nur für Kinder? Nein. Dieses sinnliche Theater, das von Musik, Licht und Bewegung lebt, ist auch für Erwachsene zugelassen. Ab 24. August beschließt dann ein Zauberspiel die Saison der Festspiele in Hallein: „La Tempête“. Wieder inszeniert Irina Brook, das Gastspiel ihrer Compagnie ist eine französische Fassung nach William Shakespeares Spätwerk „Der Sturm“. Bei Brook ist der Zauberer Prospero Inhaber eines italienischen Restaurants. Versprochen werden großer Zirkus, Clownerie und Slapstick. Das hat wohl auch schon das Publikum unter dem Stuart-König Jakob so erwartet, und Verzauberung erhoffen auch jedesmal die Besucher der Perner-Insel.

Termine

„Peer Gynt“ von Henrik Ibsen: 30. 7. 2012 Premiere, Vorstellungen: 1.–5. und 14., 15., 17. und 18. 8. 2012

„Mojo“ von Theater-Rites: 9. 8. 2012 Premiere, Vorstellungen: 11. und 12. 8. 2012

„La Tempête“ nach William Shakespeare: 24. 8. 2012 Premiere, Vorstellungen: 25., 26. und 28. 8. 2012

(Kultur Spezial vom 26.05.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.