Gartenkralle

Hinaus mit verwöhnten Pflanzen

Vorgezogene Pflanzen wie die Chiliblüte können ab sofort ins Freie gebracht werden.
Vorgezogene Pflanzen wie die Chiliblüte können ab sofort ins Freie gebracht werden.(c) Ute Woltron
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Endlich ist es auch in der Nacht warm genug, um die empfindlicheren unter den vorgezogenen Gemüse- und Blütenpflanzen dort hinzubringen, wo sie hingehören – ins Freie.

Mit der Frühlingswärme ist endlich das Wochenende des großen Befreiungsschlags gekommen. Jetzt wandern all die monatelang aus Samen vorgezogenen Pflanzen der Reihe nach hinaus in den Garten. Spät heuer, weil es so lang zu kalt war, und entsprechend bleich und sonnenhungrig sind die Chilis, Paradeiser und Co. schon. Wir tragen einen Topf nach dem anderen ins Freie, wie eine Karawane von Blattschneiderameisen ihre Beute. Wippende grüne Schöpfe, um die man sich in den ersten Tagen da draußen in der freien Wildbahn des windigen Gartens wird kümmern müssen.

Die Pflanzen sind verwöhnt wie große Kinder, denen man viel zu lang alles nachgetragen hat. Sie sind sozusagen faul, bequem und wehleidig geworden, und sie reagieren auf den ersten kühlen Windhauch mit Beleidigtsein. Lächerlich, wie sie die Blätter hängen lassen, wie sie mit der Schärfe der harten Realität anfangs nur mühsam zurechtkommen.

Die Langbeinigen unter den Pflanzen werden jetzt zwar zumindest zum Schutz vor dem Wind an Stäbe gebunden, den Rest müssen sie jedoch selbst erledigen. In Eigenverantwortung sozusagen. Sie werden nach dem ersten Schock sofort die Konsequenzen ziehen und sich anpassen, weil da keiner ist, der sie auffängt.

Sie werden sich mit ihren Wurzeln möglichst tief und breit in der Erde verankern, die Blätter werden sich mit Chlorophyll vollpumpen, um die Arbeit der Fotosynthese mit voller Kraft in Angriff nehmen zu können, und die noch weichen Stämme von Tomaten, Melanzani, Gurken und anderen hochgewachsenen Pflanzen werden sich kräftigen und gegen die Unbilden der Natur wappnen. Gut so.


Vegetationsphase.
Bei Wärme liebenden einjährigen Gemüse-, aber auch Blütenpflanzen, die eine relativ lange Vegetationsphase haben, bleibt dem Gärtner in unseren Breiten nichts anderes übrig, als sie in der geschützten Werkstatt, auf der Fensterbank oder im Glashaus vorzuziehen. Ohne diesen Vorsprung von ein paar Wochen bis (im Fall etwa der Chilis) sogar Monaten haben sie draußen zu wenig Zeit, um ihre Früchte auszureifen. Doch wann immer man das Vorziehen von Pflanzen vermeiden kann, sollte man es tun. Draußen gesätes Grünzeug tut sich leichter, ist vitaler und von Beginn an kräftiger.

Das betrifft zum Beispiel die Kürbisse, die deutlich besser gedeihen, wenn man die Samen direkt an Ort und Stelle in der Erde versenkt – zum Beispiel am Fuß des Komposthaufens, wo sich bereits schwarz-duftender Humus gebildet hat, und wo die Samen in Windeseile austreiben und die Jungpflanzen sich von Beginn an gut im nährstoffreichen Substrat verwurzeln. Die Kürbisse gehören zu jenen Pflanzen, die empfindlich auf Störungen im Wurzelbereich reagieren, wenn sie beispielsweise auf dem Anzuchttöpfchen herausgerissen und verpflanzt werden.


Wachstumsrückstand.
Auch Gemüse wie Bohnen, Erbsen, Zucchini und robuste Blütenpflanzen wie Sonnenblumen, Ringelblumen, Kapuzinerkresse und dergleichen holen einen etwaigen Wachstumsrückstand locker wieder auf, wenn sie erst jetzt direkt gesät werden. Oft ist es besser, später, dafür aber kräftige Pflanzen zu ziehen, als bereits größere, doch langgliedrige und schwache Exemplare hinauszusetzen.

Jetzt allerdings ist es hoch an der Zeit für diesen zweiten großen Aussaatdurchgang. Wer es noch nicht hinter sich gebracht hat: Vergleichende Studien haben ergeben, dass so gut wie alle Samen deutlich besser und schneller keimen, wenn sie über Nacht in Wasser eingeweicht waren.

Der Unterschied ist tatsächlich frappant. Die trockenen Samen quellen auf, treiben schneller an. Das betrifft nicht nur größere, mit zwei Fingern greifbare Sämereien, sondern auch feine Samen wie etwa die der Karotten. Auch sie gehören jetzt zackig ausgesät, denn wie eine zwar holprig gereimte, doch vorzügliche alte Bauernregel besagt: Baust mich im April, komm ich, wann ich will. Baust mich im Mai, komm ich gleich.


Turmartige Gittergebilde.
Was das Anbinden an Stäbe betrifft, so kann man wählen, was man will. Fast jedenfalls. Für hoch gewachsene Paradeiser sind die spiralig geschwungenen Tomatenstäbe ideal. Gurken mögen turmartige Gittergebilde. Für andere Pflanzen kann man, wie die alten Bauerngärtnerinnen, Haselnussstecken schneiden. Nur von Weide ist abzusehen: Sie treibt sofort wieder aus, und über das Jahr wächst dann ein Weidenwäldchen, wo vorher beispielsweise die Paprikas standen.

Lexikon

Glashaus. Keinesfalls soll hier der Eindruck erweckt werden, Glashauspflanzen wären in jedem Fall anzulehnen. Ein Glashaus ist nämlich eine großartige Errungenschaft, und alle Pflanzen, die Temperaturschwankungen schlecht vertragen, sind darin bestens aufgehoben.

Gurken. Das gilt beispielsweise für die empfindlichen Gurken. Wenn sie, bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit, zu Mehltau neigen, spritzt man sie rechtzeitig mit einer Eins-zu-eins-Lösung von Magermilch oder Molke und Wasser.

Tomaten. Sie gedeihen zwar auch im Glashaus regengeschützt gut, schmecken aber in voller Sonne gereift doch noch um eine Aromaklasse besser.

Großmutters Kräuterwelt

Gerda Zipfelmayer ist nicht nur die Großmutter eines naturbegeisterten Enkels, sondern auch ausgebildete Kräuterführerin, Kräuterpädagogin, FNL-Kräuterexpertin, Heilkräutercoach und, wie Zipfelmayer es selbst formuliert, vom „Kräutervirus gepackt“.

Obwohl es schon eine Reihe von Kräuterbüchern gibt, hat sie nun doch noch ein weiteres vorgelegt – und es ist nicht nur hübsch, sondern auch sehr brauchbar geworden.

Auf jeder Seite wird eine Pflanze kurz, aber informativ samt ihrer Heilwirkung in Text und Fotografien vorgestellt und angenehmerweise mit je einem feinen Rezept gespickt. Empfehlung!

„Omas Kräuterwelt“, Gerda Zipfelmayer, Verlag Freya, 19,90 Euro.

Alles raus im Frühling

Wer jetzt noch die bereits vor Wochen aus Sehnsucht nach dem Frühling gekauften, mittlerweile natürlich verblühten Primeln, Narzissen, Traubenhyazinthen und andere Frühlings- und Zwiebelbumen in viel zu kleinen Töpfen in der Wohnung herumstehen hat, muss sie auf keinen Fall dem Mistkübel überantworten.

Setzen Sie sie einfach hinaus in die Blumenbeete, auch wenn das Laub schon welk ist. Die Zwiebeln wurzeln ein, treiben im Frühling wieder aus und werden Sie sowie Bienen und andere Insekten mit ihren Blüten erfreuen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2017)

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