Die Natur zeigt sich im Frühling als Termingeschäft

Faszinierendes Schauspiel der Natur: Wie Farne wachsen
Faszinierendes Schauspiel der Natur: Wie Farne wachsen(c) Ute Woltron
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Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Jeder Tag bringt neue Blätter und frische Blüten. Und auch die Farne entrollen langsam mit höchster Eleganz ihre urtümlichen Wedel.

Neulich wandelte ich im Morgengrauen wieder einmal durch den Frühlingsgarten und begutachtete die rasanten Fortschritte, die die Natur dieser Tage macht. Allerorten ein wildes Treiben und Gedeihen. Jeden Tag neue kleine Sensationen in Form entfalteter Blätter und Blüten, zugleich jedoch freilich auch laufende Abschiede von Flüchtigem, wie der heuer betörend üppigen, bereits verwehten Kirschblüte, den zum Niederknien schönen Leberblümchen und den frühen, jetzt längst verwelkten Tulpen.

Die ganz frühen Morgen, die Phasen erster Dämmerung, wenn die Nacht geht und der Tag kommt, sind möglicherweise die besten Momente. Die Welt schläft noch, die Telefone ruhen, kaum Autolärm. Die höchstens vom ersten Vogelgezwitscher durchwirkte Stille ist ein Geschenk, das jedem zuteil wird, der sich rechtzeitig aus den Pfühlen wälzt und hinauseilt in die Frühlingspracht.

Gerade war ich in den Anblick der dunkelpurpurrot austreibenden Ligularien versunken – nur im Austrieb tragen sie diese Farbe, schon wenige Tage später wechseln sie zu moosgrün – da hörte ich im Nachbarwäldchen den ersten Kuckuck des Jahres rufen. Wie immer in diesen Momenten waren meine Taschen leer. Wieder einmal keine Münzen eingesteckt, mit denen ich jetzt hätte klimpern und damit den vom Aberglauben versprochenen Geldsegen herbeirufen können. Egal, es gibt so viele andere Formen von Reichtum, zum Beispiel den Gesang dieses scheuen Vogels, den man kaum je zu Gesicht bekommt, der nur in den Frühlingsmonaten zu vernehmen ist.

Finnische Schätze

In Finnland hofft man ebenfalls auf Schätze, allerdings etwas später im Jahr, dort erzählen Großeltern ihren Enkeln das: Wer in der Mittsommernacht, so geht die Mär, das Glück hat, im Wald die Blüte eines Farns zu finden, der wird unsichtbar und zu den Irrlichtern geleitet, die jene verwunschenen Plätze anzeigen, an denen das Gold der Feen vergraben liegt. Da aber jedes Kind wissen sollte, dass Farne niemals Blüten bilden, sondern sich über Sporen vermehren, ist das Feengold noch nicht aufgefunden. Bis in alle Ewigkeit wird es wohl im Verborgenen ruhen.

Noch liegen einige Wochen vor der kürzesten Nacht des Jahres und vor der ebenso faszinierenden Zeit, in der die Glühwürmchen durch den Garten irrlichtern und die Johannisnüsse geerntet werden müssen, in der das magische Johanniskraut gelb blüht und sich unter den Händen kundiger Kräuterfexen in das rubinrote und heilsame Johannisöl verwandelt.

Die Farne bereiten sich schon darauf vor, während der Kuckuck noch ruft. Sie entrollen ihre prachtvollen Wedel in einem anmutigen langsamen Ballett, ein Spektakel, in dessen Betrachtung man sich getrost meditativ über mehrere Tage hinweg immer wieder versenken kann. Geometrien sind da zu bewundern – atemberaubend!

Überhaupt zählen Farne, diese urzeitlichen Gesellen der Botanik, zu den faszinierendsten Pflanzen der Wälder und der Gärten. Seit 400 Millionen Jahren sind sie auf dem Erdenrund beheimatet. Die meisten Farne stammen aus den wärmeren Regionen, wo sie im halbschattigen bis vollschattigen Dämmerlicht feuchter, alter Urwälder gedeihen. Von den weltweit etwa 12.000 Farnarten sind rund 170 auch in Europa beheimatet, farnversessene Gärtner können darüber hinaus aus dem Vollen asiatischer und amerikanischer Prachtfarnsorten schöpfen.

Vom zierlichen Himalaja-Venushaar-Farn über den japanischen Regenbogenfarn bis zum bronzeroten Rotschleierfarn aus Ostasien sind sie alle eine Augenweide. Ebenfalls besonders schön ist der Flaumfeder-Farn, der so dichte und gekräuselte Fiederblättchen trägt, dass er wie eine überdimensionierte Moosskulptur wirkt.

Den ganzen Winter über wurde hier der Teesatz gesammelt, getrocknet und aufbewahrt. Jetzt werden die Teeblätter mit humoser Gartenerde vermischt und die Farne damit verwöhnt. Sie brauchen es feucht, kühl und fruchtbar um ihre Wurzeln, um zu gedeihen, und die meisten von ihnen entwickeln sich im Schatten oder Halbschatten am besten.

Aus dem Vollen schöpfen

Farne gibt es von winzig klein bis riesengroß: Höchstens zehn Zentimeter hoch wachsen etwa der Schweizer Moosfarn oder der zierliche Steinfeder-Farn, der am liebsten in Steinritzen wurzelt. Über einen Meter hoch hingegen wird der weitverbreitete Wurmfarn, und der Königsfarn ist mit 150 Zentimetern Höhe wahrlich ein majestätisches Gartengeschöpf. Dann gibt es natürlich auch die Gruppe der wintergrünen Farne, wie Sichelfarn und Goldschuppenfarn und die ausnahmsweise kalkliebende Hirschzunge. Kurzum: Schöpfen Sie aus dem Vollen, auch wenn es nie Blüten, nie Feengold, dafür jede Menge Blatteleganz gibt.

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