HIV-Neuinfektionen in 74 Ländern gestiegen

Andenken an Nkosi Johnson. Der damals 11-Jährige bat die Regierung Südafrikas vor 16 Jahren um Medizin. Ein Jahr später starb er an Aids, er ist eines der jüngsten bekannten Opfer der Epidemie. Johnson beteiligte sich selbst aktiv am Kampf gegen AIDS.
Andenken an Nkosi Johnson. Der damals 11-Jährige bat die Regierung Südafrikas vor 16 Jahren um Medizin. Ein Jahr später starb er an Aids, er ist eines der jüngsten bekannten Opfer der Epidemie. Johnson beteiligte sich selbst aktiv am Kampf gegen AIDS.REUTERS
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Weltweit gesehen ist die Zahl der Neuinfektionen von 2005 bis 2015 allerdings um 0,7 Prozent zurückgegangen.

Trotz aller Präventionsbemühungen ist im vergangenen Jahrzehnt die Zahl der HIV-Neuinfektionen in 74 Ländern gestiegen. Darunter sind Ägypten, Kenia und Russland, wie aus einer am Dienstag anlässlich der Welt-Aids-Konferenz veröffentlichten Studie im Fachmagazin "The Lancet HIV" hervorgeht. Weltweit gesehen ist die Zahl der Neuinfektionen von 2005 bis 2015 um 0,7 Prozent zurückgegangen. Von 1997 bis 2005 betrug der Rückgang noch 2,7 Prozent.

"Diese Studie zeigt, dass die Aids-Epidemie keineswegs überstanden ist", sagte der Leiter der renommierten London School of Hygiene and Tropical Medicine, Peter Piot. "HIV/Aids bleibt eine der größten Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit unserer Zeit." Weltweit gab es der Studie des Netzwerkes "Global Burden of Disease" zufolge im vergangenen Jahr 2,5 Millionen neue Infektionen. Die Vereinten Nationen (UN) gehen von 2,1 Millionen Neuinfektionen aus. Den UN-Zahlen zufolge hat es in den letzten drei Jahren keine Abnahme gegeben.

38,8 Millionen tragen das Virus in sich

Insgesamt tragen nach Angaben der Wissenschaftler derzeit 38,8 Millionen Menschen weltweit das Virus in sich. Dank der Behandlung mit antiretroviralen Arzneimitteln (ARV) habe sich die Zahl der Aids-Toten seit 2005 von 1,8 Millionen jährlich auf 1,2 Millionen verringert. Inzwischen erhalten 41 Prozent der Patienten eine solche lebensverlängernde Therapie. Im Nahen Osten, in Nordafrika und Osteuropa müsse die Behandlung aber intensiviert werden, forderten die Forscher.

Im Kampf gegen HIV-Infektionen setzen Forscher immer mehr auf Prophylaxe-Medikamente - die Einnahme antiretroviraler Medikamente vor sexuellen Kontakten für Menschen mit einem sehr hohen Infektionsrisiko - und ein mögliches Heilmittel. Doch beide Strategien könnten für sich genommen der Epidemie kein Ende bereiten, warnte bei der Konferenz in Südafrika am Dienstag die Nobelpreisträgerin Francoise Barre-Sinoussi, die an der Entdeckung des HI-Virus beteiligt war. Entscheidend seien nach wie vor die Prävention neuer Infektionen und die kontinuierliche Behandlung HIV-positiver Menschen. "Wir können noch nicht sagen, ob oder bis wann wir ein Heilmittel haben werden", sagte Barre-Sinoussi auf der Welt-Aids-Konferenz im südafrikanischen Durban.

Geld für die Forschung

Die Forschungsgelder für Medikamente, welche die HIV-Infektion ausheilen könnten, hätten sich innerhalb weniger Jahre auf zuletzt 200 Millionen US-Dollar (180,95 Mio. Euro) pro Jahr verdoppelt. Der Großteil der Untersuchungen konzentriert sich darauf, den HI-Virus im Körper soweit zu hemmen, dass keine laufende Behandlung mehr nötig ist. Patienten wären jedoch weiter HIV-positiv, das Virus nur in Schach gehalten. Ein Medikament, welches das Virus eliminiert, ist noch Zukunftsmusik. "Ein wirkliches Heilmittel zu finden, wird sehr schwierig werden", sagte Barre-Sinoussi.

Die Welt-Aids-Konferenz bringt etwa 18.000 Forscher, Aktivisten und Regierungsvertreter aus rund 180 Ländern zusammen. Weltweit sterben jährlich 1,1 Millionen Menschen an der vom HI-Virus ausgelösten Immunschwächekrankheit Aids, vor allem in Afrika. Pro Jahr gibt es weltweit rund 2,1 Millionen HIV-Neuinfektionen. Die Weltgemeinschaft hat sich im Juni in New York auf das Ziel verständigt, die Aids-Epidemie bis 2030 zu beenden. Es wird aber stark daran gezweifelt, ob dieses Ziel noch erreicht werden kann.

Die HIV-Expertin Annemarie Wensing machte in Durban der Europäischen Union schwere Vorwürfe. Die Staatengemeinschaft vernachlässige die Forschung zu einem HIV-Heilmittel, sagte die Wissenschafterin, die an der niederländischen Universität Utrecht arbeitet. In Europa werde HIV inzwischen als behandelbare chronische Krankheit abgehakt. Fast alle Gelder für den Forschungsbereich kämen aus den USA. "Die Europäer denken, wir hätten HIV unter Kontrolle", sagte sie.

(APA/dpa)

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