Ein Möbelstück mit Gedächtnis

Das in Planung befindliche „Memobil“ wird Demenzkranken bei der Kommunikation helfen.

Ideen sind ja oft nicht einfach zu erklären, wenn sie nicht visualisierbar sind. Ein Möbel, so viel steht fest, soll es werden, das „Memobil“. Auch Zweck und Funktion sind klar. Eine ganz und gar zwischenmenschliche Aufgabe wird das Objekt übernehmen: die Kommunikation fördern oder gar erst zwischen zwei Gruppen, die sich oft nicht mehr viel zu sagen haben, wiederherstellen: Demenzkranken und ihren Angehörigen oder auch ihrem Pflegepersonal. Die Idee kommt von section.a, der Impuls aus privaten Erfahrungen mit Demenzkranken, gefördert wird das Projekt nun zur Hälfte von departure, die andere Hälfte will noch finanziert werden. Im September wurde eingereicht, im Dezember kam die Förderzusage. Bilder wollte auch die departure-Jury anfangs sehen, berichtet die Projektleiterin bei section.a, Alexandra Feichtner. Schließlich ließ sie sich auch ohne konkrete Bebilderung überzeugen.

Als Projektpartner holte section.a bislang das Architektenbüro gaupenraub+/- (siehe Bericht oben). Ein Kommunikationsmöbel für Demenzkranke, das konnten auch die Architekten nicht als Referenz vorweisen, sehr wohl jedoch, dass sie sich gern denjenigen Aufgaben stellen, die bislang noch nie formuliert wurden. „Unsere Kernkompetenz besteht ja auch darin“, so Feichtner, „zu überlegen, wie man Ideen realisiert und welche Partner und Experten man dazu braucht.“

Erinnerungs-, Kommunikations- und Informationsmöbel zu sein, das ist der Anspruch an den Entwurf, den es zu gestalten gilt. Im Aufenthaltsraum eines Pflegeheimes könnte es später einmal stehen und für ein paar „Wohlfühlmomente“ sorgen, wie es Feichtner formuliert, für beide Seiten. Schließlich stehen und sitzen auch Pfleger und Angehörige oft unbeholfen vor den Demenzkranken, möchten so gerne den Kontakt herstellen, aber wissen nicht, wie. Wie Anknüpfungspunkte finden, die Erinnerungen hervorrufen? „Die Idee war, den Demenzkranken eine Unterstützung zu bieten, eine Brücke zu schlagen“, sagt Feichtner.

„Wir haben in Pflegeheimen und mit Angehörigen beobachtet, wie schwierig die Kommunikation mit Demenzkranken ist“, sagt Feichtner. Kommunikationstool möchte sie das „Memobil“ dennoch nicht nennen. Das klingt für sie zu sehr nach Touchscreen, Computer und digitalem Speichermedium. Obwohl natürlich gespeichert werden soll, aber mit einem analogen Ansatz. Das Prinzip beschreibt Feichtner „eher mit Küchentisch als Computertisch“. Wie auch immer gaupenraup+/- das Möbel schließlich planen, skizzieren, bauen wird – Ausgangspunkt soll das „alte Wissen“ sein, „also das Wissen, das bei den Demenzkranken noch vorhanden ist“. Dazu könnten etwa alte Geschichten, Rezepte und Lieder gehören. Dieses Wissen soll auch dem Pfleger über das Möbel zur Verfügung gestellt werden, um auf diese Weise Kommunikation zu stimulieren. „Unser Grundsatz ist, nicht bei den Defiziten anzusetzen, sondern bei den Kompetenzen, über die die Demenzkranken noch verfügen.“

Auch mögliche wissenschaftliche Projektpartner wurden bereits kontaktiert, fachlichen Input sucht man dabei vor allem im Bereich der Pflegewissenschaft, weniger in der Demenzforschung. „Denn wir wollen ja wissen, wie sich das Krankheitsbild auf den Alltag mit den Menschen auswirkt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2011)

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