„Keine Worte dafür“

Désirée Amschl-Strablegg lernte von einer Todkranken.?

Wir hatten unser Hospiz St. Elisabeth eröffnet und eine der ersten Patientinnen war eine Biologin. Eine sehr intelligente und sehr offene und selbstbestimmte Frau, die aus ihrer Bildung heraus sagte: „Mit dem Zelltod endet alles.“ Sie sei zwar katholisch erzogen, aber ihre Bildung als Biologin lasse sie zu diesem Schluss kommen.

Sie war eine sehr starke Persönlichkeit und so dauerte der Sterbeprozess um die zehn Tage, in denen sie zwischen den Welten hin und her wanderte. Eines Tages hat sie ihre Tochter geweckt und gesagt: „Jetzt verstehe ich alles. Es ist so schön da drüben, aber in unserer Sprache gibt es keine Worte, das zu beschreiben. Und alles was hier ist, ist nicht mehr von Belang.“ Und sie hat es uns erzählt und ihrer Tochter, der sie es noch viel mehr in Bildern beschrieben hat. Als sie dann starb, gab es sehr viel Trauer in der Familie, aber später auch die Gewissheit: Es gibt ein Danach und man wird sich wiedersehen. Das hat unser Team sehr berührt und es ist ist auch der Moment, in dem man sehr froh ist, in diesem Job zu arbeiten. Weil es klingt vielleicht jetzt mystisch, aber wenn man die Frau gekannt hat und gesehen hat, wie sie es erzählt hat, dann ist es so klar gewesen. Sie war nicht verwirrt und noch völlig da im Kopf und sie hat es auch mit so einer Gewissheit gesagt. Das gibt dir auch für das eigene Leben Sicherheit.

(Désirée Amschl-Strablegg leitet den Bereich Palliativ und Hospiz des Krankenhauses der Elisabethinen in Graz. Protokoll: Eva Winroither) ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2018)

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