Sissis Franzl und "Ato Karl": Vom Ende einer großen Karriere

Sissis Franzl Karl Ende
Sissis Franzl Karl Ende(c) AP (KERSTIN JOENSSON)
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Seine Hilfsorganisation steht in Deutschland in der Kritik, er selbst ist schwer krank. Morgen wird Karlheinz Böhm 85.

Eine Spendengala hier, ein Fest da, eine Versteigerung im Palais Kinsky dazu: 2008, vor fünf Jahren um diese Zeit, hetzte Karlheinz Böhm gerade von einer Veranstaltung zur nächsten. Überall wurde sein 80.Geburtstag gefeiert, und Böhm spielte das Spiel mit, natürlich. „Der Geburtstag bedeutet mir nichts“, sagte er damals. „Aber ich hoffe, dass er viel für ,Menschen für Menschen‘ bringt.“

Morgen, Samstag, steht der nächste besondere Geburtstag an, und vieles ist diesmal anders. Vor eineinhalb Jahren hat Böhm seine Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ an seine Frau Almaz übergeben. Aus „gesundheitlichen Gründen“, hieß es damals; dem Festakt zum 30-jährigen Bestehen der deutschen Stiftung, bei dem der Wechsel verkündet wurde, blieb er fern. Seit Februar nun steht sein Lebenswerk in Deutschland heftig in der Kritik. Ein ehemaliger Großspender wirft der Organisation Verschwendung und Bilanzfälschung vor. Der deutsche Stiftungsgeschäftsführer ist inzwischen zurückgetreten, ein unabhängiges Prüfungsinstitut ist am Zug.

Böhm selbst äußert sich nicht dazu. Man weiß nicht, ob er es noch könnte, sein Sohn Michael sagt Nein: „Mein Vater ist schwer dement“, erklärte er vor drei Wochen der „Passauer Neuen Presse“. Almaz Böhm warf er vor, sie habe der Öffentlichkeit den Gesundheitszustand ihres Mannes verheimlicht. Sie habe versprochen, ihn zu schützen, kontert sie. Es sei Böhms Wunsch, seinem Publikum in guter Erinnerung zu bleiben.


Es sind wohl vor allem zwei Rollen, in denen man sich an Böhm erinnern wird. Die eine: eine Art österreichisches Nationalheiligtum, als jugendlich-fescher Franzl für seine Sissi in der Filmtrilogie der Fünfziger. Wie Romy Schneider hatte auch er an der Rolle zu kiefeln: Vom Fluch des süßen Klischees befreit man sich nur schwer.

Und es war wohl auch seine Beliebtheit beim Publikum, die ihm, neben persönlichem Einsatz, den Erfolg in seiner zweiten Rolle bescherte: als Helfer Not leidender Menschen in Äthiopien. Dazwischen lag ein gewundener Lebensweg: geboren als Sohn des Dirigenten Karl Böhm in Darmstadt, aufgewachsen im Schatten der übergroßen Vaterfigur in Hamburg und Dresden, Stationen in Kufstein, Graz oder Rom, ehe Böhm 1948 nach Wien kam. Er besuchte die Schauspielschule des Burgtheaters, drehte Filme wie „Sissi“ und das „Dreimäderlhaus“, floh ins Ausland und konterkarierte sein Image etwa als psychopathischer Mörder in „Peeping Tom“ – damals verrissen, heute angeblich ein Meisterwerk. Dazu drei Ehen, alle scheiterten.

1981 die denkwürdige Wette bei „Wetten, dass..?“: Nicht einmal ein Drittel der Zuschauer würde eine Mark, sieben Schilling oder einen Schweizer Franken für die Menschen in der Sahelzone spenden, wettete Böhm. Er hatte recht; viel Geld kam trotzdem zusammen. „Bua, jetzt bist wahnsinnig g'worden“, soll sein Vater gemeint haben. „Den Sinn des Lebens habe ich erst in Äthiopien gefunden“, sagt Böhm. „Ato Karl“, Herr Karl, wird er dort genannt.

Seinen 85.Geburtstag soll er im privaten Kreis in seinem Haus in Grödig bei Salzburg feiern. Wobei: In seiner „Heimat“ Äthiopien, da „feiert man eigentlich gar keine Geburtstage“, erklärte er 2008. Man komme als Kind auf die Welt, „und geht als Mensch irgendwann in die Natur zurück“.

Zur Person

Karlheinz Böhm wurde am 16.März 1928 als Sohn des österreichischen Dirigenten Karl Böhm geboren. 1981 gründete er die Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ – in Deutschland und der Schweiz eine Stiftung, in Österreich ein Verein. (Im Bild: Böhm mit seiner Frau Almaz und Tochter Aida 2009) Heute tritt Böhm nicht mehr öffentlich auf. [EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2013)

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