Euro 08: Das „Paradies“ kommt nach Wien

(c) AP (Alexei Druzhinin)
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Beim EM-Halbfinale Russland gegen Spanien werden nicht nur Könige erwartet. Die reichen Russen feiern im Palais Coburg. In Schwechat rechnet man mit 80 bis 90 Privatjets

Kaviar ist out. Hierzulande schon länger und auch in Russland gilt das mittlerweile. In den Clubs von Moskau bis St.Petersburg schwärmt man stattdessen für Sushi (bei uns freilich auch schon länger nicht mehr partytauglich) und statt dem oft strapazierten Wodka trinkt man dort neuerdings lieber Champagner.

Zumindest diese beiden Grundregeln sollte man kennen, wenn man Partynächte für Russen organisiert. Markus Troscher weiß das. So wie Alfred Schmid. Die beiden haben in den vergangenen Wochen viele Erfahrungen mit Russen und (EM-)Parties gemacht. Der eine, Troscher, brachte als gebürtiger Österreicher mit Moskauer Wohnsitz den russischen Nobelclub „Rai“ nach Innsbruck, wo die russischen Fußballer zwei von drei Spielen der Vorrunde absolvierten. Der andere, Schmid, hatte das Glück, dass sich der Besitzer des Moskauer „Rai“ ausgerechnet sein Etablissement, den wenig schicken, aber großen „Hafen“ in Innsbruck, für seine Party-Dependance in den Alpen ausgesucht hat.

Und nebenbei 100.000 Euro investierte, um den „Hafen“ „Rai“-tauglich, also paradiesisch, zu machen. Denn „Rai“ heißt auf Deutsch so viel wie „Paradies“; und es sieht nach dem Einzug der russischen Nationalmannschaft ins Halbfinale (morgen, Donnerstag, im Wiener Happel-Stadion, gegen Spanien) sehr danach aus, dass das (Party-)Paradies nach Wien weiterwandert. Wenigstens für eine Nacht.

Nachfrage dürfte es genug geben. Markus Troscher, der Konzeptersteller und Vermittler des Club Rai in Innsbruck rechnet mit „50.000 russischen Fans“, die am Donnerstag nach Wien kommen werden. „Wir versuchen ein Prozent von ihnen zu erreichen“, sagt er. Gefeiert werden soll am Donnerstag in den Kasematten des Palais Coburg. Dort findet zwar die – ebenfalls erst seit kurzem geplante – Wahl zur „Miss Fashion TV“ statt. „Das ist aber für den Rai Club nichts Schlechtes“, sagt Troscher. Im Gegenteil, das vom Österreicher Adam Lisowski gegründete Fashion TV und der Rai Club hätten auch schon in Moskau gemeinsame Sache gemacht. In Partydingen.

Für die Wahl zur „Miss Fashion TV“ waren eigentlich Roberto Cavalli und die holländische Fußballerfrau Sylvan der Vaart angesagt – aber nur, wenn ihre Mannschaften weitergekommen wären. Das sind sie nicht, deshalb kommt jetzt Verstärkung aus Russland. „Wir sind gerade am Durch-Telefonieren all jener, die im Rai Club schon mal einen Tisch um 10.000 Euro bestellt haben.“

Was die Sache ein wenig erschwert: die meisten Gäste wollen eher nicht, dass man vorab von ihrem Kommen erfährt. Der Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow und seine Ehefrau Jelena Baturina sollen bereits mehrere Dutzend Zimmer in einem Wiener Hotel vorreserviert haben. Beim jüngsten Stevie Wonder-Konzert in Kitzbühel erzählte man sich, dass sich Baturina das angeblich eine Million Euro kosten ließ. Man erzählte sich aber auch, dass die beiden sofort wieder umkehren würden, sollten Fotografen und Schaulustige von ihrem Wien-Domizil Wind bekommen.


Was hingegen als ziemlich fix gilt: der spanische König Juan Carlos I. wird wieder nach Wien kommen. Zumindest hat er das am Sonntag Abend, nach dem Sieg der „Roja“ gegen Italien, selbst gesagt. So gut wie fix ist auch, dass Oligarch Roman Abramowitsch anreist. Bestätigen kann (und will) das freilich niemand. Nur so viel: Nach Innsbruck ließ der fußballinteressierte Abramowitsch seine Freunde mit einem großen Privatjet einfliegen. Weil man die Boeing 767 aber bereits als seine Maschine erkennt, reiste er selbst allein (und unerkannt) in einem kleineren Jet an.

Mit einem starken Aufkommen an Privatjets rechnet man auch am Flughafen Schwechat – mit mindestens 80 bis 90 Maschinen. Wobei man noch keine fixen Zahlen nennen will, da man mit weiteren, kurzfristigen Anmeldungen zu rechnen scheint.

Anders als der spanische König haben sich der russische Präsident Dmitrij Medwedew und sein Ministerpräsident Wladimir Putin, noch nicht geäußert, ob sie nach Wien kommen werden. In Russland glaubt man, die beiden würden erst anreisen, wenn Russland ins Finale kommt. Troscher hält es aber für ziemlich wahrscheinlich, dass „zumindest einer von beiden“ schon am Donnerstag kommen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2008)

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