Der raue Charme der Quetsche

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Friedl Preisl hat mit seinem heuer zum 17. Mal stattfindenden Akkordeonfestival der Ziehharmonika einen unerwarteten Höhenflug beschert.

Dass dieser quirlige Mann eigentlich schon längere Zeit in Pension ist, verwundert. Der Umtriebigkeit des 67-jährigen Friedl Preisl genügt nicht bloß ein Festival. Es braucht deren vier. Neben dem heute beginnenden Akkordeon-Festival programmiert Preisl auch das im Herbst stattfindende Klezmer-Festival, das Dialektevent Mund.Art.Wien und den vorweihnachtlichen Musikalischen Adventkalender. Diese Tätigkeiten beleben ihn, haben die permanente Migräne unter der er während seiner 32-jährigen Tätigkeit bei der Bank Austria litt, zum Verschwinden gebracht. „Ich mag es, wenn sich etwas bewegt“, sagt er über seine emotionalen Beweggründe. Mit viel Leidenschaft tüftelt er an der jeweiligen Programmierung.

Mogul will er keiner sein. „Pro Festival spreche ich etwa 10.000 Menschen an. Es geht mir nicht darum, diese Zahl zu erhöhen, sondern die Qualität zu sichern, indem ich auch bewusst Risiken eingehe. Der Drang zur Perfektion kann kaputtmachen. Mir geht es viel mehr um eine Pendelbewegung.“

Einstieg im Gasthaus Narrendattel

Begonnen hat alles in einem uralten Fuhrwerksgasthaus im Lichtental im neunten Bezirk. „Das war mein kultureller Einstieg“, erinnert er sich mit glänzenden Augen. „Das Gasthaus trug den klingenden Namen Narrendattel. Ich begann den Montag zu programmieren. Musiker, Literaten, Ein-Mann-Stücke. Mein Prinzip war schon damals, Unbekanntes und Etabliertes im Verhältnis 3:1 vorzustellen.“ Zufällig hatte er einmal drei Akkordeonisten im Programm. Das brachte ihn auf die Idee, das zu Unrecht übel beleumundete Instrument, dessen warmen, erdigen Klang er schon von Kindesbeinen an liebt, zu rehabilitieren. Als er 1999 glückssprudelnd dem blinden Akkordeonisten Otto Lechner von seiner Idee erzählte, wurde er mit einem reschen Sager niedergebügelt: „Oida, bist deppat, dafür ist der Zug abgefahren.“

Preisl ist es dennoch angegangen. Allein schon, um die Winterdepression in Schach zu halten. Lechner war dann doch behilflich, nannte ihm wichtige Kollegen. „Mit Bratko Bibič und Shirley Ann Hofmann war gleich unser erstes Festival international.“ Darauf ist Preisl immer noch stolz. Seit damals verteilt er Musiker wie einst die Bälle als langjähriger Mittelfeldspieler in der Regionalliga Ost. Aufgewachsen im Arbeitermilieu in Hernals (der Vater war Eisenbahner im Verschub, die Mutter Hilfsarbeiterin) war das Kicken schon früh eine Möglichkeit, der Tristesse des Werktätigenlebens als gelernter KFZ-Schlosser zu entfliehen. „Ich war talentiert, aber leider zu ungeduldig“, sagt er, der im Nachwuchs von Rapid und Sportklub gespielt hat. Später war er bei Post und am längsten bei Wienerberg, wo der jüngst 90 Jahre alt gewordene Alfred Körner sein Trainer war. Über den Fußball ist er dank des Alt-Internationalen Karl Höfer in die damalige Zentralsparkasse gekommen. Der Wechsel vom Arbeiter- ins Angestelltenmilieu war ein ziemliches Abenteuer. An Anzug und Krawatte hat er sich nie ganz gewöhnt. Zum Ausgleich besuchte er die Kellerlokale der Stadt. Das San Remo, wo er die Slaves mit Charly Ratzer gehört hat, Kleinbühnen und urige Wirtshäuser. „Mich hat alles interessiert, was nicht Hochkultur war.“

Das ist immer noch so. Bei seinen Festivals geht es ihm um die möglichst innige Verschränkung der drei großen K, also Kommunikation, Kultur und Kulinarik. „Dass Künstler und Publikum miteinander in Kontakt kommen, ist sehr sehr wichtig.“ Aus diesem Grund wählt er intime Spielstätten. Basis seiner Planung sind stets lokale Helden wie das Duo Soyka/Stirner, Otto Lechner und Dobrek Bistro. Die internationalen Helden gruppiert er erst spät hinzu. Vom Starwesen hält er wenig. Einmal hat er Flaco Jiménez engagiert, der dann total betrunken gespielt hat. Den Abend haben Willi Resetarits und Otto Lechner dann gerettet. So etwas vergisst man nicht. Auch nicht das Warm/Kalt der städtischen Kulturpolitik. 2013 wurde er mit dem Goldenen Verdienstzeichen geehrt, gleichzeitig wurden ihm die Förderungen gekürzt. Preisl macht unverdrossen weiter. Nur die Frage nach den heurigen Highlights macht ihn ein wenig schmähstad: „Schwierige Frage. Das sind doch alles meine Kinder . . .“

Auf einen Blick

17. Internationales Akkordeonfestival
von 20. Februar bis 20. März 2016

Die Highlights:
21.2.: Eröffnungsgala: mit Vincent Peirani & Emile Parisien im Vindobona
26. 2.: Soyka/Stirner im Reigen
3. 3.: Vesna Petković Trio im Porgy & Bess
20. 3.: Abschlussgala mit Otto Lechner im Orpheum

Infos und Tickets:www.akkordeonfestival.at
Tel.: 0676/512 91 04

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)

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