Auf Italienisch eingekocht: Nach der Oper zum Padrone

Treffpunkt für Opernfreunde: Aki Nuredini vor seinem Lokal in der Wiener Annagasse.
Treffpunkt für Opernfreunde: Aki Nuredini vor seinem Lokal in der Wiener Annagasse. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Zum 60. Geburtstag von Aki Nuredini, dem Patron des Restaurants Sole, wird im großen Musikvereinssaal nicht nur „Happy Birthday“ gesungen.

„Hier wird's eng. Einer von uns muss in den Westen gehen, um Sicherheit für die Familie zu schaffen“ – also sprach Aki Nuredini, damals 24, als nach Titos Tod Jugoslawien auseinanderzubrechen drohte. „Die dachten, ich spinne“, sagt Nuredini, „zumindest ein Teil meiner Familie stempelte mich zum notorischen Schwarzseher.“

Den weiteren Verlauf der Geschichte unseres südlichen Nachbarlandes kennen wir mittlerweile nur zu gut. Und Aki Nuredini haben die Wiener auch kennengelernt: Nachdem der in Mazedonien geborene Albaner 1981 mit zwei serbischen Freunden im Auto nach Wien gefahren war und beschlossen hatte, sich hier niederzulassen, wurde er zum unumschränkten Herrscher der Annagasse; jedenfalls zum Patron eines Lokals, in dem buchstäblich Toute Vienne verkehrt; vor allem jener Teil der Bevölkerung, der nach Opern- oder Konzertbesuchen gern noch bei gutem Essen fachsimpelt.

Das kann man sehr gut in Nuredinis Ristorante Sole, das von einer kleinen „Frulatteria“ zu einem der populärsten Edelrestaurants der Wiener Innenstadt mutierte; und die Gäste nach der Erweiterung Anfang der Neunzigerjahre in einem Ambiente empfängt, das der prominente Architekt Johannes Spalt entworfen und bis ins Detail liebevoll ausgestaltet hat.

„Ich mache keine Lokale“, so sprach Johannes Spalt. „Das hat er mir wirklich gesagt“, erinnert sich Nuredini, „aber ich habe ihn – er war ja Stammgast – immer wieder mit meinem Wunsch konfrontiert und ihm dann zugesichert, dass er als Gestalter total freie Hand bekommen würde.“

Kochkunst für Künstler

So machte der Künstler eine Ausnahme und kreierte das Künstlerlokal par excellence, denn im Sole verkehrt nicht nur das Wiener Musik- und Theaterpublikum. Hier kehren nach den Vorstellungen auch die Sänger und Schauspieler, die Regisseure, Musiker und Dirigenten ein und mischen sich unter die, die ihnen zuvor applaudiert haben. Gemeinsam lobt man dann die Italianità der Sole-Küche; und die psychologische Spitzfindigkeit des Padrone. Bei Nuredini essen selbst Todfeinde im selben Lokal – ohne dass sie einander zu Gesicht bekommen müssen. Die Diskretion und Sensibilität Nuredinis ist berüchtigt; ebenso sein organisatorisches Geschick. „Ich habe noch nie jemanden weggeschickt“, sagt er; tatsächlich hat er noch für jeden Gast, der unangemeldet erschien, einen Tisch gefunden, selbst bei übervollem Lokal.

Ein Organisations- und Verkaufstalent war Aki Nuredini schon als Bub. Dem Vater, der in Belgrad mehrere Restaurants betrieb, ging er so lang auf die Nerven, bis er dem Wunsch des Kleinen nachgab und ihn aus dem mazedonischen Dorf Kamenjane in die serbische Metropole mitnahm. Dort besuchte Aki die Schule und verdiente sich, so bald es ging, sein Körberlgeld – selbstverständlich im gastronomischen Randbereich: „Ich habe Maroni verkauft“, sagt er. Geschäftstüchtig, wie er war, verkaufte er immer doppelt so viele wie seine älteren „Mitbewerber“, egal, wie schlecht sein Standort war.

Dass ihn der Papa nach ein paar Lehrjahren zum Geschäftsführer seiner Betriebe machte, war vorgezeichnet. Mit demselben Ehrgeiz, mit dem er einst in jugendlichem Alter Maroni verkaufte, betreibt er nun seit mehr als drei Jahrzehnten sein Sole, das nicht ohne Grund von prominenter Klientel frequentiert wird: „Ich bin ja in Wien geblieben, weil ich das Musikleben hier von Anfang an geliebt habe.“

2013 feierte er 30 Jahre Sole, stilecht mit einer musikalischen Buchpräsentation („do re mi fa Sole“) in der Staatsoper, die er für ein Konzert mietete, dessen Reinerlös zur Gänze dem karitativen Projekt des Tenors Ramon Vargas zugutekam. Seine illustren Stammgäste von Jonas Kaufmann bis Juan Diego Flórez sorgten singend für Jubel und volle Kassen. Zu Nuredinis Sechziger musiziert nun am 2. November (19 Uhr) Prominenz im Musikvereinssaal. Der Erlös kommt unter anderem dem St.-Anna-Kinderspital zugute.

Zur Person

Aki Nuredini ist in Mazedonien aufgewachsen. Der Albaner, Jahrgang 1956, startete seine kulinarische Karriere in Belgrad. 1981 ging er nach Wien und eröffnete in der Annagasse eine „Frulatteria“.

Architekt Johannes Spalt gestaltete das Restaurant Sole nach der Erweiterung 1993 künstlerisch aus.

Am 2. November geben zu Nuredinis 60. Geburtstag Klassikstars das Konzert „O Sole nostro“ im Musikverein (19 Uhr) zu wohltätigem Zweck. (www.musikverein.at)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2016)

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