Das Ende einer Nachtclub-Königin

Symbolbild Bordell
Symbolbild Bordell(c) Clemens Fabry
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Madame Nina gilt als eine der letzten Kultfiguren des Wiener Rotlichts. Ihre Bar hat geschlossen – und sie trauert nun um die goldenen Zeiten.

Madame Nina kennt man. „Ah, die!“, sagen viele, grinsen, wenn man von Nina Janousek spricht. „Fragen Sie nach Madame Nina. Für Madame Nina ist im Marriott immer ein Tisch reserviert“, sagt ihr Mann, Baldur Janousek, am Telefon. Sitzt man dann an diesem Tisch, Madame Nina nimmt am frühen Abend Frühstück zu sich, der Rhythmus sei aus dem Nachtleben geblieben, schauen die Männer. Bei manchen, die in Gruppen durch die Lobby gehen, meint man, zweideutige Blicke, ein wissendes Lächeln zu sehen. Aber vermutlich bildet man sich das nur ein.

Was Nina Janousek weiß, wen sie in ihrem Etablissement gesehen hat, was sich dort abgespielt hat, wüssten viele gern – das weiß sie nur zu gut. Madame Nina – wenn ihr Goldschmuck klimpert, sie ihren üppigen Lippenstift fürs Foto nachzieht und sie einen, in ihrem kroatischen Akzent, fast mütterlich umsorgt („Liebes, sie hat ja nichts zu trinken! Hier, nehmen Sie Konfekt“), dann meint man zu wissen, warum sie von allen Madame genannt wird.

Madame Nina weiß also alles. So heißt auch ihr Buch, in dem sie sich an 30 Jahre als Betreiberin eines Luxusbordells erinnert. Wobei, Bordell, das klinge anrüchig, nach Ehebrechern und billigem Sex gegen Geld. Das täusche. „Es war nicht nur Rotlicht. Zu uns sind die Leute nicht nur für Sex gekommen. Es waren Ehepaare da, Väter sind mit ihren Söhnen zum 18. Geburtstag gekommen. Wir hatten Boogie-Abende, Opernabende, wir wurden das erste Opera-Puff der Welt genannt“, erzählt sie und strahlt, wenn sie von den Achtzigern und Neunzigern spricht.

Es sei, wirft ihr Mann ein, eine Bar gewesen, wie es sie nirgends sonst gegeben hätte, mit ein bis zwei Prominenten jede Nacht. „Nicht irgendwelche, das war Weltprominenz! Wenn man das Hawelka Künstlerkaffeehaus nennt, muss ich sagen, bei uns waren so viele Künstler wie in 100 Hawelkas nicht“, sagte er, der fast unwillentlich ins Milieu kam. Nina Janousek, gebürtige Kroatin, hatte in Wien erst eine Bar, dann einen Kosmetiksalon, „und dann“, sagt sie, lacht, „hatte ich die gigantisch tolle Idee, ein Nachtlokal zu machen.“ Ihr Mann war dagegen, ließ sich überzeugen, so entstand Ninas Bar am Bauernmarkt. „Es bedarf keiner Worte, man(n) muss es erlebt haben“, liest man heute über das Etablissement. „Society zittert vor Bordell-Report“, lauten Boulevard-Schlagzeilen vor Veröffentlichung des „Enthüllungsbuchs“.

Auch Madame Nina kokettiert mit dem Wissen um die Society, die ein und aus gegangen sei. Aber es bleibt bei Koketterie und strenger Verschwiegenheit. Etwa wenn es um die Identität eines Bundespräsidenten als angeblichen Gast geht. Prominente, die sie nennt, Charly Sheen oder Falco, die haben über ihre Besuche in Ninas Bar selbst bereitwillig Auskunft gegeben. Das Buch bleibt eine Sammlung von Anekdoten – und einer Menge Wehmut. Schließlich hat Ninas Bar 2016 geschlossen, dem ging jahrelanger Streit mit Hauseigentümer Martin Lenikus voraus. Der wollte das Haus abreißen lassen, irgendwann war Ninas Bar die letzte Mieterin, es kam zu gegenseitigen Anzeigen, zu einem Brand im Haus und unzähligen Gerichtsterminen.

Tragisches Ende einer Institution

„Woanders hätten sie so eine Bar unter Denkmalschutz gestellt. Es ist eine Katastrophe, ich bin ganz nervenkrank“, sagt sie über die vergangenen Jahre. „Da waren wir ganz allein“, ergänzt ihr Mann, keiner der wichtigen und mächtigen Stammgäste habe geholfen. Nina Janousek erlitt zwei Herzinfarkte, seither geht sie schwer, die Korpulenz mache ihr zu schaffen. „Als ich fast gestorben wäre, dachte ich: Die schönen Erinnerungen! Die gingen ja verloren.“ So entstand das Buch. Und Nina selbst lebt seither ein wenig in Erinnerung an goldene Zeiten. Denn die sei im Milieu vorbei. Etablissements seien von „Billig, billig“-Mentalität abgelöst worden. Ein Nachtlokal ums andere habe in den vergangenen 20 Jahren zugesperrt, und eine Frau wie sie, eine Königin der Nachtclubs, da gebe es seit Ninas Bar nichts Vergleichbares.

ZU PERSON & BUCH

Nina Janousek, die man im Wiener Nachtleben nur als Madame Nina kannte, wurde 1948 in Kroatien geboren und ist, nach einer bewegten Jugend, wie sie selbst sagt, über die USA nach Österreich gekommen. Zunächst eröffnete sie in Wien eine Bar, dann einen Kosmetiksalon und schließlich das berüchtigte Edel-Etablissement Ninas Bar am Bauernmarkt in der Wiener Innenstadt. Die ist mittlerweile Geschichte.

Ninas Memoiren aus 30 Jahren Nachtleben sind nun unter dem Titel „Madame Nina weiß alles“ in der Edition a erschienen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2017)

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