Die Wega im Filmvisier

Regisseur Stefan A. Lukacs (rechts) und Darsteller Laurence Rupp (3. von rechts).
Regisseur Stefan A. Lukacs (rechts) und Darsteller Laurence Rupp (3. von rechts).(c) Vincent Entekhabi
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Regisseur Stefan A. Lukacs hat mit Laurence Rupp schon den Fall Bakary J. verfilmt. Jetzt widmen sich die beiden in „Cops“ wieder der Wega.

Es kommt wohl nicht oft vor, dass vor dem Ferry-Dusika-Stadion die Hooligans aufmarschieren. Anfang der Woche taten sie es doch – aber da durfte die Radhalle auch ein Fußballstadion spielen und Roland Düringer den „szenekundigen Polizeibeamten“, der als Fanbetreuer der Rapidler „die Verbindung zwischen den Hools und der jeweiligen Einsatztruppe bildet. Im schlimmsten Fall die Wega – oder im besten, je nachdem, wie man es sieht.“

Die Sondereinheit Wega, sie steht im Mittelpunkt des Spielfilms von Stefan A. Lukacs, der bis Anfang September in Wien gedreht wird. Es ist das zweite Mal, dass sich der Regisseur mit der Polizei beschäftigt – diesmal allerdings unter deutlich anderen Vorzeichen. 2012 hatte er im Kurzfilm „Void“ den Fall des Asylwerbers Bakary J. verfilmt, der von vier Wega-Beamten brutal misshandelt worden war.

Bei der Arbeit damals, erinnert sich Lukacs, habe er zwar viel recherchiert, „aber es war schwer, an die Polizei heranzukommen.“ Das änderte sich, nachdem der Film herausgekommen war. „Void“ schlug große Wellen, „danach sind sie von vielen Seiten auf mich zugekommen.“ Seither habe er viel dazugelernt, auch über das, was man in der Soziologie Polizistenkultur nennt. „Die Frage: Wie funktionieren Polizisten unter sich in ihrem Mikrokosmos? Das hat mich fasziniert.“

Held mit Post-Shooting-Trauma

Mit seinem Spielfilm „Cops“ widmet er sich dem Thema Polizeigewalt nun „noch genauer“ als im Kurzfilm. Er hat Fälle aus Österreich und dem Ausland studiert, aus wahren Geschichten eine fiktive geschrieben. In dieser spielt Laurence Rupp, der auch schon in „Void“ dabei war, nun einen jungen Wega-Beamten in Ausbildung, der auf einen Einsatz mitgenommen wird – und dabei einen psychisch kranken Mann erschießt. Seine Kollegen feiern ihn als Helden, er selbst leidet zunehmend an Panikattacken und dem, was man ein Post-Shooting-Trauma nennt. Und es tauchen Fragen auf: War es Notwehr – oder doch tödliche Fahrlässigkeit?

Mit Urteilen, verrät Lukacs, halte er sich dabei zurück. „Mir geht es eher darum, die Dynamiken dahinter und verschiedene Zugänge zur Polizeiarbeit zu zeigen“, sagt er, „und eigentlich mehr Fragen aufzuwerfen als zu beantworten.“ Zumal es viele Graubereiche gebe. Und vieles sei für den Laien schwer nachzuvollziehen. Etwa jener Fall einer psychisch kranken Frau, mit einem Messer in der Hand, die neun Mal angeschossen worden war. Nicht grundlos, sagt die Polizei: „Die Projektile sind so konzipiert, dass sie möglichst wenig schwere Verletzungen verursachen“, erklärt Lukacs. „Das bedeutet aber, dass man öfter schießen muss.“

Viele Fälle mögen nicht eindeutig sein, die öffentliche Meinung ist es meisten schon: Blindes Verteidigen der Polizei hier, Hass auf sie dort. Etwas, mit dem Düringer, der neben seinem Demokratie-Experiment Gilt für ein paar Tage in seinen angestammten Beruf zurückgekehrt ist, wenig anfangen kann. „Bei mir gibt es keine Haltung zur Polizei, nur eine Haltung gegenüber Arschlöchern, und die gibt's überall. Es sind immer handelnde Personen.“ Das aus den Augen zu verlieren – „die bösen Banken, die depperten Politiker“ – sei gefährlich: „Dann passiert das, was wir heute mit der Polizei und den Hooligans drehen: Dass du dein Gegenüber entmenschlichst.“

Darsteller Laurence Rupp gesteht, „nicht so ein Polizeifreund“ gewesen zu sein, „ich habe mich immer eher provoziert gefühlt.“ Das habe sich im Lauf der Projekte ein wenig geändert. „Manches verstehe ich jetzt eher. Aber ich bin immer noch der Meinung, dass man Polizeigewalt kritisieren muss und soll, das muss sich die Polizei gefallen lassen. Ihr Problem ist, dass sie das so ungern macht. Sie fühlt sich sofort angegriffen.“ Dabei sei klar, dass in schwierigen Situationen, wo man „in Millisekunden“ Entscheidungen treffen muss, Fehler passieren. „Das ist systemimmanent. Man müsste nur die Größe haben, auch dazu zu stehen. Das macht die Polizei in meinen Augen zu wenig bis gar nicht.“

„Void“, der Kurzfilm über den Fall Bakary J., wurde inzwischen vom Innenministerium angekauft – und wird heute im Ausbildungsprogramm der Polizeischulen verwendet.

Auf einen Blick

Stefan A. Lukacs wurde 1982 in Wien geboren und hat an der New York Film Academy Drehbuch und Regie studiert. Im Kurzfilm „Void“ erzählte er 2012 den Fall des von Wega-Beamten misshandelten Asylwerbers Bakary J., u. a. mit Anton Noori und Laurence Rupp. Die beiden sind auch jetzt beim Spielfilmprojekt „Cops“ dabei, das von Arash T. Riahi und Karin C. Berger produziert wird. Erzählt wird die Geschichte eines Wega-Beamten in Ausbildung, Roland Düringer spielt dessen Vater, ebenfalls ein Polizist, der für einen deeskalierenden Zugang steht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2017)

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