Damals, als Papa entführt wurde

Johann Scheerer ist heute 35 und Vater von drei Kindern.
Johann Scheerer ist heute 35 und Vater von drei Kindern.(c) Matthias Haslauer
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Johann Scheerer erzählt 22 Jahre nachdem sein Vater, Jan Philipp Reemtsma, 33 Tage in Geiselhaft war, wie so ein Erlebnis eine Familie prägt – und ein Leben verändert.

Fünf Wochen oder 33 Tage war Jan Philipp Reemtsma im Frühling 1996 in einem Keller eingesperrt, am Fuß angekettet. Seine Entführer wollten 20 Millionen D-Mark für die Freilassung des einzigen Erben von Unternehmer Philipp Fürchtegott Reemtsma. Bis heute gilt diese Entführung als einer der spektakulärsten Kriminalfälle der jüngeren deutschen Geschichte.

22 Jahre später erinnert sich nun Reemtsmas einziger Sohn, Johann Scheerer, in seinem Buch „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ an die Zeit der Entführung. Johann war 13 Jahre alt, als sein Vater in der Nacht nicht nach Hause kam und seine Mutter im Garten neben einer Blutlache und einer Handgranate einen Erpresserbrief fand. Als die Mutter ihrem Sohn am Morgen des 25. März 1996 davon erzählte, dachte er zuerst an die Lateinschularbeit, die er an diesem Tag schreiben sollte – und ein kurzes Gefühl der Erleichterung stellte sich ein, weil er die Arbeit vielleicht nicht schreiben müsse. Erst später setzte dieses „brennende Feuer in meinem Brustkorb“ ein, das ihn nie wieder ganz losließ. Der Teenager aber schämte sich für sein erstes Gefühl der Erleichterung. Was danach passierte, schildert der heute 35-Jährige ohne Selbstmitleid oder Weinerlichkeit. Es braucht nicht viele Worte, um zu verstehen, wie das für einen jungen Buben ist, wenn der Vater von Verbrechern entführt wird. Niemand weiß, wo er ist. Irgendwann ein Brief vom Vater kommt, in dem er sich von Frau und Sohn verabschiedet. Die Polizei ein und aus geht. Und Journalisten das Zuhause belagern, das ohnehin keines mehr ist.

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