Vivienne Westwood: "Kauft keine Kleider mehr!"

(c) REUTERS (Suzanne Plankett)
  • Drucken

Modedesignerin Vivienne Westwood ruft auf der London Fashion Week zum Konsumboykott auf - um die Welt zu retten. Die Kollektion von Westwood dominierten eher ungewöhnliche Kombinationen.

Es war, als würde Starkoch Jamie Oliver nach Zubereitung eines mehrgängigen Menüs seinen Gästen plötzlich zurufen: „Hört auf zu essen!“ Nach der Vorstellung ihrer neuen Kollektion erklärte die britische Modeschöpferin Vivienne Westwood auf der London Fashion Week, die am Mittwoch zu Ende geht: „Kauft keine Kleider mehr. Wir müssen das Geschenk des Lebens bewahren.“

Als Doyenne des Punk weiß die bald 69-jährige Westwood nur zu gut, wie man einen Skandal provoziert. Ihr jüngster Aufruf am Sonntag steht in einer Reihe mit früheren Aussagen, in denen sie sich besorgt über den Klimawandel gezeigt hat. „Ich halte die Zerstörung nicht für unvermeidlich“, sagte sie nun. „Einige von uns wollen diesen Prozess stoppen und den Menschen überleben helfen.“ Zu ihrer neuen Kollektion gehört konsequenterweise auch eine Kochschürze mit dem Aufdruck „Loyality 2 Gaia“.


In Westwoods Kollektion für den kommenden Winter dominierten – wie gewohnt – ungewöhnliche Kombinationen. Zu den für sie charakteristischen Kitteln und weiten Mänteln kam etwa eine Verbindung aus Hosen in Schottenkaro mit einer Bluse mit orangen und roten Punkten. Vielleicht war es der Schockfaktor: Vom Publikum im ehrwürdigen Royal Court of Justice wurde Westwood jedenfalls gefeiert. „Das Tolle an Vivienne ist, dass man ihre Kleider mit 16 ebenso tragen kann wie mit 60“, meinte das Modell Jo Wood. Neben ihr wohnten unter anderem auch Kate Moss, Janet Jackson und Naomi Campbell der Präsentation bei.

Trotz des Erfolgs ihrer „Red-Label“-Kollektion könnte es eine der letzten Modeschauen für Westwood gewesen sein, die zum Abschluss den Radetzkymarsch erklingen ließ. Zwar werde sie noch im März in Paris ihre „Gold-Label“-Kollektion vorstellen. Doch danach wolle sie „einfach interessantere Sachen mit meinem Leben anfangen“, etwa Fernsehfilme über Wissenschaft und Kunst.


Wenn die diesjährige London Fashion Week eines zeigte, dann war es, dass nach dem Tod von Alexander McQueen die weltweite Szene auf eine Exzentrikerin wie Westwood kaum verzichten kann. Elegant, aber fast bieder kamen in diesem Jahr die Kollektionen über den Laufsteg. „Kleidung, die man tatsächlich tragen kann, ohne den Körper eines Supermodels haben zu müssen“, rieb sich die Modekritikerin des „Independent“ die Augen.

Ein Hinweis auf diese Trendwende: Zu den größten Fans eines der Superstars der diesjährigen Fashion Week, des türkisch-kanadischen Modeschöpfers Erdem, gehören die Ehefrau von Premierminister Gordon Brown ebenso wie die Frau seines Herausforderers David Cameron. Weder Sarah Brown noch Samantha Cameron sind bisher in der Öffentlichkeit jemals durch Extravaganzen aufgefallen. Anders als Westwood, die Punk-Accessoires in die Allgemeinmode eingeführt, einmal ein Geschäft mit dem Namen „Sex: Zu schnell zum Leben, zu jung zum Sterben“ geführt hat und zu einer Ordensverleihung bei der Queen angeblich ohne Höschen erschienen ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.