Jeff Daniels: "Mache es mir nicht gern einfach"

„Ich habe daran gezweifelt, ob ich diese Figur wirklich glaubwürdig verkörpern würde können.“ Jeff Daniels zögerte, als ihm die Rolle des FBI-Manns O'Neill angeboten wurde.
„Ich habe daran gezweifelt, ob ich diese Figur wirklich glaubwürdig verkörpern würde können.“ Jeff Daniels zögerte, als ihm die Rolle des FBI-Manns O'Neill angeboten wurde. (c) REUTERS (Andrew Kelly)
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Geschichtsunterricht mit Hochspannung: In der TV-Serie "The Looming Tower" spielt der großartige Jeff Daniels den FBI-Mann John O'Neill, der bereits Mitte der 1990er vor Osama bin Laden warnte – vergeblich.

Jim Carrey, sein Filmpartner in der Komödie „Dumm und dümmer“ aus 1994, nennt Jeff Daniels heute „den vielseitigsten Schauspieler seiner Generation“ – und übertreibt damit wohl nicht. Daniels startete seine Hollywood-Karriere als romantischer Held („Zeit der Zärtlichkeit“), schrieb dann mit „Dumm und dümmer“ Comedy-Geschichte und ist mittlerweile, wenn er nicht Theater spielt oder Stücke schreibt, auf die Polit-Schiene gewechselt: In Aaron Sorkins TV-Serie „The Newsroom“ spielte er einen investigativen Journalisten, und nun in „The Looming Tower“ (läuft seit Freitag in neuer Synchronfassung auf Amazon Prime) einen hitzköpfigen FBI-Agenten, der lang vor den Ereignissen von 9/11 Osama bin Laden auf die Spur kam.


Stimmt es, dass Sie die Rolle des FBI-Manns John O'Neill anfangs nicht spielen wollten?

Jeff Daniels: Ja, ich habe ein wenig gebraucht. Als ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich mir echt: „Wie soll ich das denn schaffen?“ Aber dann dachte ich: „Ich versuche es halt – und riskiere, zu scheitern.“ Genau dieses Risiko einzugehen, das ist es ja, was uns als Menschen weiterbringt. Genau wie meine Figur.


Was genau erschien Ihnen so schwierig?

John O'Neill war privat ein totaler Versager, ein schwerer Choleriker mit Anger-Management-Problemen, beruflich aber brillant. Ich habe daran gezweifelt, ob ich diese Figur wirklich glaubwürdig verkörpern würde können. Und es war mir nicht egal, was die, die damals dabei waren, von der Geschichte hielten – wie etwa Johns ehemalige Mitarbeiter beim FBI. Besonders Ali Soufan, der als libanesischer Einwanderer und Islamkenner eine ganz besonders bedeutende Rolle bei dieser Geschichte spielt. Bei der New Yorker Premiere von The Looming Tower hat er mir eine FBI-Anstecknadel geschenkt, die früher John O'Neill gehört hat. Da war ich sehr gerührt und habe gesagt: „Ok – das ist genau das Feedback, das ich mir wirklich gewünscht habe.“


Kannten Sie vor Beginn der Dreharbeiten Lawrence Wrights pulitzerpreisgekröntes Buch „The Looming Tower“ (auf Deutsch „Der Tod wird euch finden“, Anm.)?

Nein, ich hatte auch keine Ahnung, wer John O'Neill war. Natürlich habe ich es dann als Vorbereitung gelesen, und hab nur mehr gedacht: „Um Gottes Willen, das gibt's ja alles gar nicht, wollt ihr uns verarschen?“ Es ist ja wirklich eine brisante Frage, ob die Anschläge verhindert hätten werden können, wenn FBI und CIA miteinander kommuniziert hätten. Und es ist wirklich schlimm, dass 17 Jahre nach 9/11 die meisten Leute weder John noch das Buch kennen, denn es erklärt so vieles. Auch ein Grund, warum ich diese Serie so wichtig finde, ich glaube, dass das für viele Menschen ein dringend benötigter Reality Check ist.


Wenn man „The Looming Tower“ jemandem nahebringen möchte, der noch nie was davon gehört hat, könnte man sagen: „Es ist ein bisschen wie Homeland, nur in echt?“

Ja, aber mit guten Moslems.


Glauben Sie, dass die amerikanische Regierung und die Behörden etwas aus dieser Geschichte gelernt haben?

Das würde mich auch interessieren. Ich würde gerne wissen, ob es bei CIA und FBI jetzt anders zugeht. Ob sie etwas dazugelernt haben. Ich würde gerne, vor allem angesichts des Zirkus, der sich gerade im und um das Weiße Haus abspielt, glauben, dass sie jetzt besser kommunizieren.

Wie sehen Sie die gegenwärtige politische Situation in den USA?

Naja, das ich mich der Demokratischen Partei zugehörig fühle ist kein Geheimnis, also macht es mich ziemlich traurig, wenn ich nach Washington blicke. Das einzige, was mir daran Hoffnung gibt, ist, dass nach Trumps Amtszeit wohl sehr viele Leute im Gefängnis landen werden.


Ist das als Schauspieler und Autor für Sie trotz allem nicht auch interessant, diese teils bizarren Dramen um Donald Trump zu verfolgen?

Ich habe das auch schon anderorts gesagt: Was sich da täglich abspielt, lässt jede Episode der Reality-TV-Serie „Die Kardashians“ normal aussehen. Wenn das der Entwurf für ein Hollywood-Drehbuch wäre, dann gäbe es haufenweise Korrekturvorschläge: „Die Tochter kann nicht auch im Weißen Haus arbeiten, das ist unglaubwürdig. Und der Schwiegersohn kann nicht aussehen wie ein stereotyper Dummy, schreibt das um!“ Jedenfalls haben wir in den Augen der Welt als Land wirklich viel durch Trump verloren: Respekt, Würde, Anstand. Er ist wirklich das Gegenteil davon, was eine Nation braucht.


Sie sind mit dem Kino berühmt geworden, scheinen sich in letzter Zeit aber mehr aufs Fernsehen zu konzentrieren.

Eine gut geschriebene TV-Serie wie diese ist auch eine wunderbare Herausforderung für einen Schauspieler. Man kann eine Figur einfach viel facettenreicher schreiben und darstellen, weil man viel mehr Zeit zur Verfügung hat. „The Looming Tower“ dauert 10 Stunden – das ist quasi ein ganzer Roman, im Gegensatz zu der Kurzgeschichte, die ein Kinofilm ist. Es gibt ungleich viel mehr Details, mehr Struktur – ich finde das großartig.


Außerdem hat das Fernsehen Sie endlich in den Augen einer großen Öffentlichkeit als der Charakterdarsteller etabliert, der Sie sind.

Ja, das stimmt. Nach „Dumm und Dümmer“ kam erst mal eine lange Phase, in der ich fast nur ähnliche Rollen angeboten bekam – aber ich wollte nicht hundertmal hintereinander den Dummkopf spielen. Erst durch „The Newsroom“ hat sich das, 20 Jahre später, grundlegend geändert und ich bin in einer Position, wo ich mir meine Rollen wirklich nach Qualität und Neigung aussuchen kann.


Haben Sie damit gerechnet, dass Sie mit einem Film wie „Dumm und dümmer“ Kinogeschichte schreiben würden?

Nein, überhaupt nicht (lacht). Als ich das Drehbuch bekam, war alles, was ich wusste, dass das eine Komödie mit Jim Carrey werden soll. Ich war da ja gar nicht erste Wahl, die Produktionsfirma wollte erst einen zweiten Comedian besetzen, aber irgendwie hat es dann doch gepasst. Und ich glaubte, dass wir da einen kleinen Film machen würden, den Teenager lustig finden. Ich kann's immer noch nicht recht glauben, welch riesige Fangemeinde diese Komödie hat. Immer wieder kommen respektable Leute in Anzug und Krawatte auf mich zu und sagen: „,Dumm und dümmer ist der beste Film, den ich je gesehen habe!‘“. . . schon etwas absurd.


Eine Ihrer ersten Kinorollen war in Woody Allens „The Purple Rose of Cairo“, wo Sie Mia Farrows Traumprinzen spielen. Würden Sie noch einmal mit ihm arbeiten wollen?

Wenn er jetzt auf mich zukäme und mich fragen würde, würde ich wahrscheinlich nein sagen. Das wäre die logische und einfache Entscheidung. Allerdings mache ich es mir nicht gerne einfach, also muss ich sagen, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Es würde mir schon weh tun, zu jemandem nein sagen zu müssen, der mir vor vielen Jahren eine so große Möglichkeit geboten hat.

Steckbrief

Jeff Daniels wird am 19. Februar 1955 in Athens, Georgia (USA) geboren.

Nach ersten Erfolgen am Theater (u. a. am Broadway) gibt er in Miloš Formans „Ragtime“ 1981 sein Kinodebüt.

1994 wird er an der Seite Jim Carrys in „Dumm und Dümmer“ weltbekannt, im selben Jahr ist er auch in „Speed“ zu sehen.

2012 bekommt er die Hauptrolle in der Serie „The Newsroom“.

Daniels ist verheiratet und hat drei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2018)

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