Toni Collette: Die härteste Rolle ihres Lebens

Toni Collette ist derzeit in dem Horrorfilm »Hereditary - Das Vermächtnis« in den heimischen Kinos zu sehen.
Toni Collette ist derzeit in dem Horrorfilm »Hereditary - Das Vermächtnis« in den heimischen Kinos zu sehen.(c) REUTERS (David McNew)
  • Drucken

In „Muriels Hochzeit“ verzauberte sie vor 25 Jahren das Kinopublikum, nun spielt sie die Hauptrolle in „Hereditary“, dem Horrorfilm des Jahres – obwohl die Australierin eigentlich eine Aversion gegen dieses Genre hat.

Vor knapp 25 Jahren wurde Toni Collette über Nacht bekannt. Damals spielte die Australierin die Titelrolle in dem Überraschungserfolg „Muriels Hochzeit“ und verzauberte das Kinopublikum auf der ganzen Welt. Nun spielt sie die Hauptrolle im Horrorfilm des Jahres: „Hereditary – Das Vermächtnis“, der gerade im Kino läuft. Wir trafen die 45-Jährige, die kommendes Jahr auch ihr Regiedebüt geben will, in London zum Interview.

Sie sagten, dass die Rolle in „Hereditary – Das Vermächtnis“ die vielleicht anstrengendste Ihres Lebens war. Haben Sie es bereut, diese Rolle angenommen zu haben?

Toni Collette: Nein. Die Arbeit an diesem Film hat mich wirklich fix und fertig gemacht, aber diese Herausforderung war gleichzeitig auch enorm erfüllend. Auf geradezu perverse Weise befriedigend. Als Schauspieler sucht man händeringend nach solchen ungewöhnlichen und seltenen Gelegenheiten, an die eigenen Grenzen zu gehen.

Worin lag die Anstrengung konkret?

Ich spiele in „Hereditary“ ja – ohne zu viel über den Film zu verraten – eine ziemlich traumatisierte Frau, die mit diversen Schicksalsschlägen und Schreckenssituationen fertigwerden muss. Und das Problem mit intensiven Emotionen ist, dass man nicht nur so tun kann, als würde man sie spüren. Man muss schon, so gut es irgendwie geht, hineingehen in diese Gefühle und sich in diese Frau hineinversetzen. Das schlauchte in diesem Fall enorm.

Gibt es in solchen Fällen Methoden, mit denen man die eigene Psyche schützt?

Ich war froh, dass meine Familie mich nicht wie sonst zu den Dreharbeiten begleitete. Ich war in der Einöde von Utah einigermaßen isoliert, was sehr hilfreich war. Allerdings war es gleichzeitig wichtig, dass ich an den Wochenenden so oft wie möglich nach Hause nach Los Angeles flog, um meine Kinder zu sehen. Diese zwei völlig getrennten Welten waren wichtig.

Sind Sie empfänglich für das Übersinnliche? Für unerklärliche Phänomene?

Ich glaube schon, dass es mehr gibt als das, was wir gemeinhin als unsere Lebensrealität begreifen, als das, was wir sehen und verstehen können. Ohne aber konkret benennen zu können, was das ist. Genau deswegen ist ein Film wie „Hereditary“ ja so Furcht einflößend: weil er darin einen möglichen Einblick gibt.

Haben Sie im Leben Erfahrungen gemacht, die Sie in diesem Glauben bestärken?

Natürlich nicht annähernd so etwas, wie wir es nun in unserem Film zeigen. Aber ich erinnere mich noch an die Dreharbeiten zu „The Sixth Sense“, da habe ich tatsächlich Seltsames erlebt. Ich bin wochenlang nachts ohne erkennbaren Grund aufgewacht – und es war immer die gleiche Uhrzeit. Jede Nacht! Das hat mich total irritiert. Als sei das eine seltsame Botschaft aus einer anderen Sphäre. Nur dass ich die Botschaft dummerweise nicht verstanden habe. (lacht)

Apropos „The Sixth Sense“, der im kommenden Jahr seinen 20. Geburtstag feiert und Ihnen Ihre bislang einzige Oscar-Nominierung einbrachte: Ist das ein Film, an den Sie noch oft zurückdenken?

Durchaus. Ehrlich gesagt gerade jetzt, denn es gibt ja interessante Parallelen zwischen „The Sixth Sense“ und „Hereditary“. Gar nicht so sehr thematisch. Aber die Arbeit an beiden Filmen fühlte sich ähnlich an. In beiden Fällen standen Regisseure hinter der Kamera, die am Anfang ihrer Karriere standen und erkennbar große Talente waren und sind. In beiden Fällen werden klassische Familiendramen erzählt, die irgendwann eine übersinnliche Wendung nehmen.

Sind Sie nostalgisch, was Ihre Filme angeht? Oder haken Sie diese nach dem Dreh ab?

Es gibt beides. Allgemein halte ich es immer für sehr viel gesünder, im Moment zu leben, als zurückzublicken. Aber natürlich bleiben viele Erinnerungen hängen, vor allem an Filme, bei denen ich Menschen begegnet bin, mit denen mich wirklich etwas verbunden hat. „Muriels Hochzeit“ oder „Velvet Goldmine“ zum Beispiel waren in den Neunzigerjahren Filme, bei denen die jeweiligen Regisseure mir unglaubliche Chancen eröffnet haben. Da war es ein Risiko, mit mir zu besetzen. Ich war weder bekannt noch die naheliegende Wahl. Das hat mir unglaublich viel bedeutet, deswegen werde ich diese Filme immer in meinem Herzen tragen.

Steckbrief

1972. Toni Collette wird in Sydney geboren.

1994. Durchbruch als Muriel in der Komödie „Muriels Hochzeit“.

2000. Oscar-Nominierung als Beste Nebendarstellerin für „The Sixth Sense“.

2018. „Hereditary – Das Vermächtnis“ ist nun in den Kinos angelaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.