Post-Postkastenära

Post-Postkastenära oder: Warum in der Downing Street ein Briefkasten hängt und es bei uns Postkastl heißt.

Eigentlich sind wir ja längst in der Post-Postkastenära angelangt. Briefe pflegen in den digitalen Posteingang zu rauschen – begleitet von einem Bing. Pakete, die wir online bestellen, um sie dann größtenteils wieder zurückzuschicken, werden uns von Zustellern entweder direkt in die Hand gedrückt oder aber irgendwo hinterlegt. Die Hinterlegungsnachricht liegt dann aber meist auch nicht im Briefkasten, sondern klebt an der Haustür. Oft mit ziemlich konkreten Hinweisen zum nicht immer gesicherten Hinterlegungsort.

Eine kleine Umfrage, ob man in Österreich Post- oder Briefkasten sagt, ergibt höchst Diffuses. Zu unterschiedlich sind die regionalen Gepflogenheiten. Briefkasten ist das an der Wohnungstür, Postkasten das gelbe Dings, in das man Briefe wirft, die man verschicken will, sagt die eine. Man sagt Postkastl, meint aber Briefkasten, meint ein anderer.

Anlass für diese, sagen wir, Überlegungen sind freilich die Panama-Papers, die ja ursprünglich eben gerade keine Papiere sind, sondern 0/1-Informationen auf uncharmanten, unrechtmäßig entwendeten Datenträgern. Doch um die analog/digitale Verwirrung zu komplettieren, werden diese gehackten Daten nicht etwa von irgendeinem Blogger online gestellt oder als Download in irgendwelche Timelines gepostet oder auf News-Homepages verbreitet.

Weit gefehlt: Journalistische Dinosaurier guter alter Zeitungs- und Magazin-Redaktionen müssen sich durch den Datenwust wühlen, diesen bewerten, gewichten, in den richtigen Kontext stellen und dann – jetzt kommt's – auf Papier drucken lassen, um die ganze Welt zu informieren. Insofern ist Panama-Papers dann doch wieder richtig.

Eine der berühmtesten Postadressen der Welt ist übrigens die Downing Street Nummer 10 (knapp vor der 221B Baker Street von Sherlock Holmes), wo der britische Premierminister Tür an Tür mit seinem Schatzkanzler (Nr. 11) wohnt. Während David Cameron also in London über einen ausgesprochen festen Wohnsitz verfügt, verfügt er gleichzeitig auch über eine Mailbox in Panama. Und das in der Post-Postkastenära. Wenn jetzt die Briten für den EU-Austritt stimmen, weil EU-Befürworter Cameron über Panama stolpert, hatten die PanaLeaks wenigstens eine konkrete Folge. Ob das die beabsichtigte war, steht auf einem anderen Blatt – tja – Papier . . .

florian.asamer@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 10.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.