#MeTwo als Minenfeld

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Diskriminierungserfahrungen zu teilen scheint derzeit reizvoll zu sein. Es gibt aber gute Gründe, sich daran nicht zu beteiligen.

Die #MeTwo-Debatte nimmt Fahrt auf. Menschen mit Migrationshintergrund erzählen auf diversen Nachrichtenkanälen von persönlichen Diskriminierungserfahrungen. Auch Journalisten. Besonders schwer zu ertragen sind die Schilderungen natürlich für andere Menschen mit Migrationshintergrund. Aber nicht nur, weil sie sich darin manchmal wiedererkennen und sich mit den Betroffenen spontan solidarisieren wollen. Sondern auch, weil sie sich von einigen dieser Geschichten am liebsten distanzieren würden und ob der Blauäugigkeit mancher Verfasser nur den Kopf schütteln können.

Da wären zum einen die vielen kleinen Übertreibungen und das absichtlich falsche Verstehen von Bemerkungen und Situationen, die einen in Verlegenheit gebracht hätten. Dass man damit dem eigentlichen Problem einen Bärendienst erweist und tatsächlich Betroffenen in den Rücken fällt, weil man eine differenzierte Diskussion unmöglich macht, werden manche nie verstehen. Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass Diskriminierungserfahrungen immer subjektiv sind und nicht bewertet werden sollten. Aber ganz so ist das nicht. Und die Betroffenen wissen das auch.

Zum anderen – und das wissen die Betroffenen leider nicht – gibt es eine Unberechenbarkeit von Mediendebatten wie #MeTwo, die eigenen Regeln folgen und in denen nicht unbedingt die Betroffenen im Mittelpunkt stehen. Im Augenblick mögen die Umstände günstig erscheinen, sich als Opfer von Alltagsrassismus und Mikroaggressionen darzustellen. Dabei sollte man aber eines nicht vergessen: Die Debatte wird schon bald verschwinden. Genauso wie das Interesse der Medien daran. Übrig bleiben Leute, die vielleicht ein bisschen zu viel von sich preisgegeben haben. Und das irgendwann bereuen könnten.

Ach ja: Diejenigen, die man teils berechtigt, teils aber auch pauschal und mit allzu viel Übereifer an den Pranger gestellt hat, werden dann auch noch da sein.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2018)

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