Was im Adventkalender wirklich stecken sollte

(c) Clemens Fabry
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Hinter jedem Türchen ein häufig gemachter Fehler, damit sich niemand mehr infisziert.

"Liebes Christkind" ist vermutlich die falsche Anrede, wenn man sich einen Adventkalender wünscht. Denn liegt er erst unter dem Weihnachtsbaum, ist es eigentlich schon zu spät. Allein, die Adventkalenderindustrie als Adressat führt halt leider auch zu nichts, wenn man einen wirklich sinnvollen Kalender haben möchte. Einen, zum Beispiel, hinter dessen 24 Türchen sprachliche Fehler liebvoll aufgeklärt werden. Dass man sich etwa mit einer Krankheit nicht infiszieren kann. Wo, bitte schön, hat sich dieses aus dem Lateinischen übernommene Verb mit dem s infiziert? (Die Diskussion, ob das Fugen-s im Adventkalender stehen sollte, ist wieder eine andere Sache: in Deutschland ja, in Österreich nein.) Hinter einer weiteren Tür könnte man emphatisch erklären, dass empathisch und emphatisch zwei unterschiedliche Begriffe sind. Empathisch steht für die Fähigkeit, die Gefühle eines anderen Lebewesens zu erkennen und womöglich auch darauf einzugehen, emphatisch hingegen steht für eindringlich oder mit Nachdruck. Bitte nicht verwechseln. Finden Sie hingegen jemanden symphatisch, haben Sie einfach nur einen Rechtschreibfehler gemacht.

Zugegeben, ein solch beckmesserischer Adventkalender schafft eher keine Vorfreude auf Weihnachten, immerhin möchte man beim Öffnen der Türchen auch ein bisschen positives Lebensgefühl spüren. Aber auch da ließe sich abseits von Schokolade etwas pädagogisch Wertvolles machen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Kalender, der mit schönen Wörtern oder Redewendungen gefüllt wird? Ins Narrenkastl schauen, zum Beispiel. So viel Poesie dafür, dass jemand geistesabwesend in die Ferne starrt! Dagegen wirkt das bundesdeutsche „Löcher in die Luft starren“ richtiggehend steif, oder? Und wie könnte man einen solchen Adventkalender nennen? Nun, wie wäre es einfach mit Narrenkastl?

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2018)

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