Das Mountainbike im Rucksack

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Der Tourismusverband Obertauern will den Ort in den Radstädter Tauern zu einer „Bühne der Sommerfrische“ machen – zum Beispiel mit Bergrollern.

Obertauern. Dort, wo sich im Winter neben Otto Normalverbraucher zahlreiche Prominente aus Politik, Film, Fernsehen und der Musikszene tummeln, ebendort wollen die Tourismusverantwortlichen zusammen mit den örtlichen Gastronomen und Hoteliers den Ort in den Radstädter Tauern auch zu einer „Bühne der Sommerfrische“ aufwerten. Im Gegensatz zu anderen Destinationen in der näheren und entfernteren Gegend gibt es in Obertauern tatsächlich sehr viel aufzuholen. Der Sommer ist kurz in Obertauern, von Anfang Juli bis Mitte September. Und selbst dann sind Familien, die einige Tage oder gar länger hier Quartier beziehen, und der Hochgebirgswanderer, nicht gefeit vor Schneefällen, schließlich liegt der Ort 1750 Meter über dem Meeresspiegel. „Unsere Kernzeiten sind die Ferien“, sagt Mario Siedler vom Tourismusverband Obertauern, „und ein Vorteil ist es doch, dass wir hier so hoch liegen. Von uns aus ist es viel leichter, auf die Berge zu kommen als anderswo. Der Wanderer kann sich, ohne einen Lift zu brauchen, gleich auf den Weg begeben und ist nach nur 300 Höhenmetern am Gipfelkreuz.“ Wobei der 41-Jährige gern vom „einfachen Gipfelerlebnis“ spricht.

Siedler will vermehrt jene Gäste nach Obertauern locken, die hier oben Ski fahren. „Wir müssen diese Winterurlauber ansprechen und überzeugen, auch im Sommer zu uns zu kommen. Ein Tourist ist oft auch ein Wiederholungstäter.“ Und auch jene sollen anreisen, die den Ort zwar kennen, aber auf ihrer Fahrt in den Süden oder auf ihrer Rückreise den Tauerntunnel nehmen und die Route über die Berge meiden. Was im Klartext heißt: Obertauern bietet sich geradezu perfekt an, eine Zwischenstation mit Übernachtung(en) einzulegen. Nachdem im Winter die 9000 Gästebetten nahezu belegt sind, bleiben zwischen Juli und Mitte November, wenn die Skisaison beginnt, die meisten unbenutzt, im Ort herrscht zuweilen gähnende Leere.

Das soll sich ändern. Siedler: „Wir müssen Obertauern auch als Wandergebiet besser propagieren.“ Der Tourismusmanager gibt zu, dass das Sommergeschäft erst seit fünf Jahren anrollt, da zuvor keine großen Anstrengungen gemacht wurden, Gäste zu akquirieren. „Der eine oder andere gastronomische Betrieb denkt, der Sommer sei unwirtschaftlich. Und glaubt, nur weil im Winter das Geschäft gut gelaufen ist, im Sommer nicht öffnen zu müssen. Aber es ist immer gefährlich, nur auf einem Standbein zu stehen. Die Hauptinitiative muss dabei von der Hotellerie kommen“, mahnt er. Siedler kennt das Problem der Sommervermarktung, „weil es hier oben nichts Ungewöhnliches ist, dass es schneit, und wir deshalb gewisse Wanderungen zu Saisonbeginn nicht anbieten können“. Andererseits gibt es auch Annehmlichkeiten, die der Gast sehr schätzt. „Auf dieser Höhe gibt es keine Pollen, Milben und dergleichen.“ Allergiker sind in der gesunden, reinen Höhenluft gut aufgehoben.

Zwei Seilbahnen im Sommer

Einen Wintersport-Hotspot zu einem Sommerziel zu machen, ist ein langer und steiniger Weg. Dennoch: Obertauern ist in der warmen Jahreszeit unbedingt zu empfehlen. Großen Rummel gibt es nicht, 100 Kilometer an Wanderwegen und authentische Hütten – immerhin hat ein Drittel aller vorhandenen Almwirtschaften geöffnet – bieten reichlich Abwechslung. In den Sommermonaten haben zwei Aufstiegshilfen geöffnet: die Grünwaldkopfbahn und die Hochalmbahn. Tourismuschef Siedler: „Der Bedarf ist damit gedeckt.“ Outdoor-Aktivitäten gibt es trotzdem jede Menge. Neben leichten und familiengerechten, auch kinderwagentauglichen Wanderungen – zum Beispiel die Drei-Seen-Wanderung vom Grünwaldsee über den Krummschnabelsee zum Hundsfeldsee – und schwierigeren Touren (etwa auf den Hundskogel) kommen Bergyoga oder ein Sommertriathlon bei den Gästen bestens an. Ein Besuch des 60 Meter hohen Johanneswasserfalls gehört zum Pflichtprogramm.

Spektakulärer und etwas für Actionfreunde ist ein Ritt mit dem Mountain-Skyver. Dabei steht der Radfahrer auf dem geländetauglichen und gefederten Bergroller auf seitlich ausklappbaren Trittflächen; Tretpedale und einen Sattel gibt es nicht. Zum Bremsen dienen robuste Scheibenbremsen. Dank seines geringen Gewichts und des kleinen Packmaßes kann das zusammenklappbare Trial-Mountainbike mit jedem Rucksack bequem bergauf getragen werden. Auch in der Gondel findet das Rad locker Platz. Auf dem Gipfel ist der Mountain-Skyver mit wenigen Handgriffen innerhalb einer Minute startklar für die Abfahrt.

Um den Menschen die vier milden Monate schmackhaft zu machen, will Mario Siedler nicht nur die vorhandenen Wanderwege instandhalten, sondern auch in die Infrastruktur neuer Strecken investieren. Beispielsweise in die Tauernrunde, die mit Skiern sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn gefahren, jedoch zu Fuß nicht erwandert werden kann. „Wir planen, die Runde für den Sommer begehbar machen“, so der Tourismusverantwortliche, und gibt zu bedenken, dass Obertauern auch in der näheren Umgebung viel zu bieten hat. Er spricht dabei explizit Salzburg mit den Festspielen an und wirbt für einen Tagestrip an den Wörthersee: Beide Ziele sind in nur einer Autostunde zu erreichen. (Dieter Warnick)

Infos: Tourismusverband Obertauern, 06456/72 52 und auf obertauern.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2016)

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