Kuala Lumpur XXL

Kuala Lumpur
Kuala Lumpur Reuters
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Der südostasiatische Nachbar von Singapur bastelt an Cyber Citys und steht zumindest rund um die quirlig-geschäftige Metropole Kuala Lumpur an der Schwelle zum urbanen New Age.

Malaysia hat viele Gesichter: alte Schrumpfköpfe in den Langhäusern auf Sarawak und sehr viel junges Make-up in den Malls von Kuala Lumpur. Knorrige Dayak, die Indigenen Borneos, beim Fischspeeren und knackige Dandys beim Indoor-Golfen in der Hauptstadt, muslimische Malaien (50 Prozent), konfuzianische Chinesen (25 Prozent), hinduistische Inder (acht Prozent) und noch viele mehr. 30 Millionen Menschen leben einen meist friedlichen Mix aus Sprache, Religion und Kultur. Bunt verhüllte Studentinnen tuckern auf ihren Mofas vor der Universiti Malaya in KL dahin, den obligaten Sturzhelm auf das ebenso obligate Kopftuch geklemmt – westliche Sitten für ein östliches Land, das für jährlich sieben Millionen Touristen, immer mehr davon aus dem arabischen Raum, eine Reise wert ist. Die meisten fliegen auf Kuala Lumpur. Sorry, KL. Die einstige Zinnarbeitersiedlung am Zusammenfluss von Klang und Gombak hat sich gemausert – aus der „Trüben Flussmündung“, wo 1857 nur 18 Pioniere der Malaria trotzen konnten, wurde ein brodelnder Ballungsraum mit über acht Millionen Einwohnern.

Eine Art Palatschinke

Der koloniale Charme der Zinnmogule bröckelt nur ein bisschen, dafür geht's dem Bangunan Sultan Abdul Samad prächtig – das frühere Staatssekretariat mit maurischen Türmchen, Kuppeln und Zinnchen ist allabendlich hell erleuchtet. Gleich daneben erstreckt sich der makellose Rasen des tudoresken Selangor-Cricket-Club,s längst Flaniermeile der urbanen Elite. Und vor dem Maha-Sri-Mariamman-Tempel mit seinem sechsstöckigen Götterberg werden Blumenketten geflochten wie damals, als britische Kolonialbeamte noch Rikschas für die Außentermine benutzten.

Heute wälzen sich Menschenmassen aus dem Dickicht des mehrstöckigen Busterminals Puduraya, Tag und Nacht: Der Dschungel lässt grüßen, mit sichelbewaffneten Bäuerlein und Börsianern mit Designer-Notebook. Auch in Chinatown geht's rund wie immer, schon lang bevor die Straßenhändler den Nachtmarkt in der Jalan Ampang lautstark eröffnen – mit Rolex aus purem Gold, Ray-Ban-Brillen aus ebenso purem Draht und Handyhüllen aus edlem Plastik. Wer unbedingt ein Hardrock Café braucht oder einen raschen Big Mac, wird fündig werden. Doch Roti Canai, eine Art Palatschinke mit Curry-Sauce, Chicken Rice oder äußerst bekömmliche Sate-Spießchen gibt es vor dem Central Market genauso schnell. Und die schmecken um einiges besser.

Fischkauf am Central Market
Fischkauf am Central MarketReuters

Der war vor 50 Jahren noch der größte Markt der Stadt, ein typischer asiatischer Wet Market, heute ist er Kulturzentrum und Einkaufsparadies für Kunsthandwerk, Antiquitäten und Designermode – ein ideales Ziel für Stop-over-Schnuppern, genauso wie die grün-weißen Petronas Towers, mit 452 Metern immer noch die höchsten Zwillingstürme der Welt. Ein Zufall, dass der südostasiatische Ölmulti Petronas die Farben des Propheten gewählt hat? Der KL Tower, mit 421 Metern der siebenthöchste TV-Turm, ist kaum weniger mächtig. Von der Aussichtsplattform des welthöchsten Drehrestaurants Seri Angkasa auf 276 Metern verschwindet die Skyline der Downtown rasch und geht in sattes Grün über. Und spätestens abends wird hier heroben klar, warum KL als „Gartenstadt der Lichter“ besungen wird.

Nur 40 Minuten dauert es bis zum Formel-1-Grand-Prix von Sepang beim neuen Mega-Airport. Nicht einmal 50 Minuten zum neuen Regierungszentrum Putrajaya, wo eine neue Super-City vom Reißbrett fast schon fertiggestellt ist, mit Nationalmoschee und Prunkbauten à la Tausendundeine Nacht. Die neuen Cyber-Citys vom Reißbrett, die Flaggschiffe des Multimedia-Super-Korridors der nationalen „Vision Malaysia 2020“ rund um KL nehmen Gestalt an. Und die Traumstrände von Penang oder der Taman Negara, der älteste Nationalpark des jungen Landes, sind bloß vier Autostunden entfernt, wenn man weder Rosberg noch Raikkönen heißt und auch so fährt. Auf dem virtuellen Highspeed-Highway in die Cyber-Zukunft XXL würde aber selbst Niki Lauda wirklich alt aussehen: Start frei!

Auf einen Blick

Einreise. Sechs Monate gültiger Reisepass, kein Visum erforderlich. www.tourismmalaysia.de

Malaysia ist ein multiethnisches und multireligiöses Land mit islamischer Prägung. Rücksicht und Respekt vor örtlichen Gepflogenheiten (z. B. Kleidung, Verhalten) werden erwartet.

Malaysia Tourist Info Complex (Matic) in KL. Audiovisuelles Material über jedes malaysische Bundesland erleichtert die Planung, Buchung und Durchführung von kürzeren und längeren Touren: Sightseeing mit der Trishaw in Kuala Lumpurs Innenstadt, Geld wechseln, Flugtickets kaufen und Busfahrkarten in alle Regionen Malaysias.

Reisezeit. Immer tropisch bei hohen Tagestemperaturen und Luftfeuchtigkeit von rund 95 %. Größte Regenwahrscheinlichkeit: August, September.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2016)

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