Kärnten: Grenzerfahrungen im Sonnenwinkel Kärntens

1850 als Gasthaus erbaut, heute eine Pension und Oase: Das Trögern.
1850 als Gasthaus erbaut, heute eine Pension und Oase: Das Trögern.Trögern
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Auf dem barrierefreien Geotrail Trögerner Klamm kann man auf einem ehemaligen Meeresgrund sozusagen von Kontinent zu Kontinent wandern: von Europa nach Afrika. Und in einem Schaukelstuhl auf der Wiese tiefenentspannen.

Sind wir hier noch richtig?“ Diese Frage stellt sich einfach irgendwann, wenn man von Bad Eisenkappel kommend in die Trögerner Klamm abbiegt. Die ersten paar Kilometer ist die Straße noch asphaltiert, bis sie sich geschottert hinaufschraubt nach Trögern mit einer idyllischen, kleinen Bergkirche. Die Klamm wird als „wildromantisch“ beschrieben – diese Bezeichnung trifft absolut zu. Ziel ist der verlassene Weiler namens Trögern (slowenisch: Korte). Dort warten schon Anita Silan und Roswitha Petritsch, die Gastgeberinnen der unglaublich einsam und unglaublich schön gelegenen Pension Das Trögern. Wobei Pension viel zu einfach klingt für das, was den Gast tatsächlich erwartet. Direkt gegenüber der Kirche liegt das 1850 erbaute ehemalige Gasthaus, gut behütet von einer mächtigen, uralten Linde.

Darunter warten ein hübsch gedeckter Tisch, selbst gemachter Gugelhupf mit Kaffee und Rosi und Anita. Vor einem Jahr haben die beiden Frauen aus St. Kanzian am südlichsten Zipfel Österreichs ein außergewöhnliches Projekt verwirklicht. Ihr Angebot: viel nichts! „Kein WLAN, kaum brauchbarer Handyempfang, kein Fernseher, keine Tageszeitung“, sagt Anita Silan. Auch keine Termine zum Beispiel für Wellness: „Es ist alles da, was Sie brauchen. Und es gibt nichts, was Sie müssen.“ Damit schufen sie ein Domizil für Menschen, die sich eine Auszeit gönnen wollen. „Bei uns gibt es keine Terminvorgaben und kein Programm. Wenn jemand erst um 13 Uhr frühstücken möchte, ist das in Ordnung“, erklärt Roswitha Petritsch.

Und dann steht da der Schaukelstuhl. Mitten in der Wiese auf tausend Metern. Und man kann gar nicht anders, als in die dicken Polster zu sinken und wippend „fernzusehen“. Der Film heißt „Koschuta und Hochobir“ – beide Gipfel umrahmen die Aussicht.

Dann ist auch die Frage egal, ob man in Europa oder Afrika ist. Wie das? Genau im Gebiet der östlichen Karawanken liegt, geologisch betrachtet, die West–Ost verlaufende „periadriatische Naht“. Diese 700 Kilometer lange Störungszone der Alpen ist die geologische Grenze zwischen Europa und Afrika und trennt die Ostalpen von den Südalpen. „Hochobir und Petzen gehören noch zu den Ostalpen, der Teil südlich des Ebriachbachs mit Koschuta, Seebergsattel, Uschowa und Trögerner Klamm schon zu den Südalpen“, sagt Antonia Weissenbacher, Geologin und Geopark-Rangerin.

Lebenden Tropfsteine

Sie erklärt das geologische Erbe aus 400 Millionen Jahren Entwicklungsgeschichte mit Leidenschaft, kennt sich aus mit allen Pflanzen am Wegesrand und entdeckt Steine, die mehr als nur einfach Steine sind. Fährt oder geht man durch die Trögerner Klamm, befindet man sich sogar auf ehemaligem Meeresgrund: Dort befand sich bis vor 210 Millionen Jahren eine Lagune eines Meeres, das sich von Europa bis Asien erstreckte. Auf dem Geotrail Trögerner Klamm (barrierefrei) kann man also von Kontinent zu Kontinent wandern. „Der Weg durch das Bachbett lohnt sich, weil man dort sehr gut die Faltenstrukturen und Verformungen bestaunen kann, die sich im Laufe der Zeit gebildet haben“, empfiehlt Antonia Weissenbacher.

Welche Geheimnisse und Geschichten sich in dieser Gegend Südkärntens verbergen, erklärt das Geoparkinfozentrum in der „Welt der Geologie“ in Bad Eisenkappel. Österreichs südlichster Kur- und Luftkurort liegt etwas verschlafen-verträumt mitten im Geopark Karawanken, der seit 2015 Unesco Global Geopark ist. Bekannt ist er bereits für die europaweit einzigartigen Obir-Tropfsteinhöhlen mit einem 800 Meter langen unterirdischen Erlebnisweg mit lebenden Tropfsteinen. Den vielen anderen Naturjuwelen sind jeweils eigene Geotrails gewidmet. „Die periadriatische Naht, die viele unserer Geotrails überschreiten, gibt dem Besucher das Gefühl, von Europa nach Afrika zu wandern oder eben umgekehrt“, sagt Antonia Weissenbacher, die bei geführten Wanderungen die in Stein geschriebenen Geheimnisse aufdeckt.

Wenn der Körper nach dem Wandern und der Kopf nach so viel Input wieder nach Stille verlangen, ist oben in Trögern der Schaukelstuhl wieder der schönste Platz, wohlbehütet zwischen Koschuta und Hochobir, umsorgt von Roswitha Petritsch und Anita Silan. Der Weg und das Ziel waren auf jeden Fall richtig – daran gibt es spätestens bei der Rückfahrt hinunter ins Tal keinen Zweifel mehr.

Der Geopark Karawanken erfüllt die strengen Kriterien des Gütesiegels Europäischer Geopark und ist mit 14 Gemeinden aus Österreich und Slowenien der einzige grenzüberschreitende Geopark in Österreich. Mit insgesamt 1067 Quadratkilometern und auf Seehöhen von mehr als 2100 Metern (Petzen, Koschuta, Hochobir) verfügt er über tausend Kilometer Wanderwege und fast ebenso lange durchgehend markierte Strecken für Mountainbiker.

LUFTKUREN IM GEOPARK

Übernachten

Das Trögern: zwölf Zimmer jeweils mit köstlicher Rundum-Verpflegung. Geöffnet bis November. Abholung in Bad Eisenkappel möglich. www.dastroegern.at

Tipp: Trögerner Kirchtag am 22. Juli

Orientierung: Rother-Wanderführer „Karawanken und Steiner Alpen“ und

Kompass-Karte 65: Klopeiner See, Karawanken Ost, Steiner Alpen, 1:50.000. www.bad-eisenkappel.info

Compliance-Hinweis: Die Autorin wurde von der Tourismusregion Klopeinersee-Südkärnten unterstützt: www.klopeinersee.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2018)

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