Tauchen im Oman: Und die Muräne schaut ums Eck

Für manche Tauchgebiete im Oman braucht es Genehmigungen.
Für manche Tauchgebiete im Oman braucht es Genehmigungen.Martin Schmutzer
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Tauchen mit Expeditionscharakter bietet der Golf von Oman. Das arabische Land ist bekannt für seinen Fischreichtum und jede Menge noch unerforschter Tauchgründe.

Noch bevor die Morgensonne den Steinboden der Hafenbucht bei Barr al-Jissah aufzuheizen beginnt, gehen wir an Bord. Das Motorboot ist startklar, die Tauchflaschen liegen gestapelt auf dem Boden, Trinkwasser ist verstaut. Rasch geht's hinaus aufs offene Wasser. Dann steuern wir in Richtung aufsteigender Sonne gen Bandar al-Khairan, einen kleinen Ort im Norden des Oman und halten uns immer in Sichtweite der Küste. Vorbei an fjordähnlichen Einschnitten, an schroffen Klippen, rötlichem Gestein.

Das Boot teilt die Gischt der Wellen, verlangsamt und stoppt. Unter uns liegt die al-Munassir, ein früheres Landungsschiff der Königlich-Omanischen Marine. Der Truppentransporter, 1978 in Großbritannien in der Werft Brook Marines gebaut, wurde von der Royal Navy of Oman bis 2003 genutzt, bis es schließlich südöstlich von Masqat im Golf von Oman versenkt wurde – als künstliches Riff, das erste im Oman.

Bereits in zehn Metern Wassertiefe stoßen wir auf die ersten Aufbauten. Das Wrack ist gut erhalten. Zwanzig Meter tiefer liegt das Heck auf Grund. Auf der Steuerbordseite tauchen wir einen Gang entlang zur Brücke nach vorn und bis an die Reling. Dort zieht ein Hai vorbei und hinweg ins Blau. Wagemutig bewegen wir uns in die offenen Luken der Laderäume – und werden fündig. Eine gewaltige Muräne zeigt sich. Die al-Munassir hat viele Passagiere: große Barrakudas und Drückerfische in allen Farben; hier wird geschwärmt, was das Zeug hält.

Martin Schmutzer

Der Golf von Oman mit seinen Wracks, Riffen und Steilwänden ist ein Paradies für Taucher. Vor allem ist das Meer für seinen Fischreichtum bekannt: Vor den Küsten ziehen riesige Fischschwärme. Und auch viel Großfisch – neben Haien und Rochen werden sogar Walhaie gesichtet. Die Sicht unter Wasser ist selten kristallklar, denn die Strömungen bringen viel Plankton und damit eben viel Futter und noch mehr Fische heran.

Zu den Topplätzen zählt die Enklave von Musandam oberhalb der Nordspitze des Oman, eine Halbinsel an der arabischen Seite der Straße von Hormus – wegen seiner traumhaften Fjorde auch das Norwegen Arabiens genannt. Am anderen Ende, tief im Süden, wird die Region von Salalah gern besucht. Das Gebiet gilt als noch weitgehend unerschlossen: Hier taucht man noch an vielen gänzlich unerforschten Riffen.

Die meisten Tauchzentren haben sich jedoch nahe Masqat angesiedelt. Nordwestlich der Hauptstadt liegen die Daymaniyat-Inseln, vielen Tauchern ein Begriff. Die Gruppe aus Inseln und Felsnadeln erreicht man in einer guten halben Bootsstunde vom Ort al-Sawadi aus. Ein Aufenthalt reicht meist nicht, um alle Plätze der Daymaniyat-Inseln zu betauchen. Die Namen beschreiben es gut: In Coral Garden taucht man zwischen wunderschönen Korallen und trifft dazu oft auf Stachelrochen, die sich im sandigen Grund abgelegt haben; Aquarium ist vor allem für Großfisch mit häufigen Haibegegnungen bekannt; am Blacktip Reef sind immer wieder Schwarzspitzenriffhaie zu sehen, und Garden of Eden protzt mit Weichkorallen in allen Farben – für Unterwasserfotografen ein Traum.

Leuchtender Korallengarten

Von Masqat aus in südöstlicher Richtung zieht sich die Küste mit vielen Einschnitten und Buchten hinunter. Vor Qurum liegt Fahal Island, was so viel wie Hengstinsel bedeuten soll. Einigen ist sie auch als Shark Island bekannt, was mehr Sinn gibt, denn vor Fahal sind immer wieder Delfine, Haie und Walhaie zu sehen. Um hier zu tauchen, braucht's eine Genehmigung, denn die unbewohnte Insel steht unter Naturschutz. Nach vier Kilometern Bootsfahrt von der Küste aus taucht sie schnell am Horizont auf: ein etwa 600 Meter langer und 300 Meter breiter, vegetationsloser Felsbrocken aus Kalkstein.

Wir steuern auf die südwestliche Seite, vorbei an kantigen Einschnitten und überhängenden Steilklippen, wo wir dann ankern können. Tauchflaschen gewechselt, Equipment kontrolliert und rein geht's: sinken, das erfrischende Wasser genießen, die glatten Felskanten unter Wasser betrachten. Ein Rotfeuerfisch tänzelt vor der Gesteinswand, als wenn er sich spiegeln würde. Mit der Strömung lassen wir uns weitertreiben und tauchen bald in einen Korallengarten, so herrlich in den Farben, von hellem Rosa bis leuchtendem Purpur, wie schon lang nicht mehr gesehen. Ein Schwarm von Gelbschwanzbarrakudas teilt und schließt sich für uns.

Bis in 30 Metern Tiefe zieht sich die Pracht an Weich- und Steinkorallen. Aus einem kleinen Wrack lugt ein Tintenfisch. Etwas weiter liegen Reste von Betonteilen, mit denen man ein künstliches Riff aufbauen wollte. Hier haben sich Schnecken und Seesterne angesiedelt. Wieder etwas aufsteigend fädelt sich eine zwei Meter lange Netzmuräne, gar nicht scheu, um einen Korallenblock. In einer offenen Höhle steht ein Kugelfisch unter der Felsdecke und lässt in seine Wohnung blicken. Draußen schwimmt ein Zackenbarsch vorbei und folgt dem Tauchgang noch ein paar Meter hinauf bis unter das Boot. Beim Näherkommen entdecken wir am Ankerseil tatsächlich ein Seepferdchen, das versucht, seinen Schwanz um das dicke Tau zu wickeln. Nun erschließt sich auch die Bedeutung von Fahal Island: nicht als Hengst-, sondern vielmehr als Seepferdcheninsel.

TAUCHEXPEDITION

Das Vorkommen von Großfischen macht die teilweise mäßigen Sichtweiten unter Wasser wieder wett. An der Oberfläche bis in geringe Tauchtiefen ist das Wasser relativ warm; ein fünf bis sieben Millimeter dicker Neoprentauchanzug ist empfohlen.

Infos: omantourism.gov.om

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2018)

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