Vom Schüttel in den Prater

Gastgarten im Herbstwind.
Gastgarten im Herbstwind.(c) Dimo Dimov
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Schauspielerin, Regisseurin und Intendantin Manuela Seidl ist gern im grünsten Teil der Leopoldstadt unterwegs.

Treffpunkt mit Manuela Seidl ist ein Gasthaus, wie sie in Wien immer seltener werden: relativ unverändert, doch mit der Zeit gewachsen, zwischen den Bewohnern aus dem dahinterliegenden Gemeindebau und einem auch von weiter anreisenden Künstlerpublikum verankert, eine Institution sozusagen. Im Gasthaus Sudy treffen sich Zielgruppen queerbeet und eigentlich wundert es einen, dass in dem Lokal mit der alten Schank und dem (trotz der unmittelbaren Nähe zur Schüttelstraße) lauschigen Gastgarten noch kein Film gedreht wurde.

Auch Seidl ist dort Stammgast, und dass die Speisekarten von Wirt Anton Sudy so hübsch eingebunden sind, ist ihr zu verdanken. Dass sich übrigens in einer Zeit, in der viele Lokale zusperren oder die Objekte gewerblich anders genutzt werden, gerade entlang der stark befahrenen Achse am Donaukanal so mancher Wirt gehalten hat, findet Sudy schon bemerkenswert.

Von Zwettl bis Schwechat

Viel pendelte Seidl in jüngster Zeit zwischen dem zweiten Wiener Gemeindebezirk und Zwettl, wo bis heute, Samstag, mehrere Vorstellungen „Der Widerspenstigen Spanische Zähmung“ über die Bühne gegangen sind – mit ihr in einer der Rollen, und mit ihr in der Funktion der Intendantin. Und seit Seidl nicht bloß den Theaterherbst Grenzenlos in Niederösterreich verantwortet, sondern auch eine weitere Aufgabe dazugewonnen hat, ist sie noch mehr unterwegs. Ziemlich plötzlich kam das Engagement als Leiterin des Theater Forum Schwechat, für das sie in kurzer Zeit einen Spielplan mit Satire, Märchen, Gastspielen und Eigenproduktionen aufstellen musste – und dazu auch laufend, spazierend, nachdenkend, lesend quer durch die Leopoldstadt unterwegs war. „Es geht sich immer alles aus“, erzählt Seidl mit Energie, und man glaubt es, wenn sie einem noch eine Grätzeltour durch den grünsten Teil der Leopoldstadt – den Prater – und dann einen Abstecher zum Donaukanal hinunter vorschlägt. Wobei man ein Stück die Rustenschacherallee und die Böcklinstraße entlangmarschiert und die Pratercottage mit ihren schönen gründerzeitlichen Häusern, eine sehr gefragte Wohnlage, quert.

Weit hinten, abseits der Praterallee, auf einer Wiese bei einer graffitibesprühten Mauer lernt Seidl gern ihre Textpassagen. Und unten am Donaukanal schätzt sie die Plätze, die nicht so überlaufen und gastronomisch nicht so stark besetzt sind wie am oberen Kanalufer.

Gern im Zweiten

Zu Hause ist die Schauspielerin, Regisseurin und Intendantin in einer Altbauwohnung im Grätzel rund um die Nordbahnstraße. Einer Ecke übrigens, in der man den Prozess der Gentrifizierung aus ihrer Sicht nicht wirklich zu spüren bekommt. Aber es geht ihr auch nicht darum, an den gehypten Orten zu leben: „Früher hab ich im Stuwerviertel gewohnt, auch diese Gegend mag ich, vor allem den kleinen Markt“, sagt die Wiener-Waldviertlerin, die mehrere Umzüge hinter sich gebracht hat, bis sie auf den zweiten Bezirk stieß. Nur um den Praterstern macht sie ganz gern einen Bogen. Der liegt aber ohnedies nicht auf dem Weg ins Theater.

ZUR PERSON

Manuela Seidl ist seit 2007 Leiterin des Theaterherbst Niederösterreich und seit heuer künstlerische Leiterin des Theater Forum Schwechat. Aktuell ist sie ebendort in der an Shakespeare angelehnten Komödie„Der Widerspenstigen Spanische Zähmung“ von Alfonso Paso zu sehen. Die nächsten Vorstellungen: 13. bis 29. Oktober. www.forumschwechat.com.
www.theaterherbst.at

(Print-Ausgabe, 08.10.2016)

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