Wenn Häuser mit dem Alter besser werden

Wohnen mit Geschichte: Ungewöhnliche Luxusobjekte, die etwas zu erzählen haben.

Es muss nicht immer gleich der Hauch der Geschichte sein, der durch die Hallen und Höfe weht und Legenden von Schlossgespenstern und anderer prominenter Bewohner propagiert. Aber ein wenig Historie und die eine oder andere Anekdote über das, was sich hinter den Mauern eines Gebäudes schon ereignet hat, können schon deutlich zum Charme einer Immobilie beitragen, weshalb Entwickler immer erfreut sind, wenn sich neben Zimmern, Kuchl und Kabinett auch noch der eine oder andere prominente Vorbesitzer mit vermarkten lässt. Vor allem dann, wenn neben großen Namen auch Details der entsprechenden Epoche erhalten sind und sich trotz aller Moderne noch das eine oder andere Zeugnis vergangener Zeiten in den Räumlichkeiten findet.

Sternwarte zu verkaufen

Wobei man nicht immer Jahrhunderte zurückgehen muss, um besondere Immobilien mit einer ganz eigenen Geschichte zu finden, die derzeit auf dem Markt der gehobenen Luxusimmobilien zu finden sind. So werden auf Capri oberhalb der berühmten Grotta Azzurra derzeit fünf Gebäude rund um die ehemalige Sternwarte revitalisiert. Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde hier die Warte erbaut und diente dem deutschen Astronom Karl-Otto Kiepenheuer als Observatorium für Sonnenforschung und -physik. Das Gebäude wurde originalgetreu restauriert und bietet heute im Teleskopraum die Möglichkeit zum „Schlafen unterm Himmelszelt“, außerdem wird auf dem 1,8 Hektar großen Parkgelände mit altem Baumbestand ein offenes Gartenatrium angelegt, von dem aus die fünf Wohngebäude erreichbar sind. Diese sollen von den Architekten des Büros Massimiliano Fuksas so revitalisiert werden, dass die Elemente der alten Sternwarte mit moderner Architektur verbunden werden. Welcher Luxus dann im Detail zu den Häusern des Villenensembles gehören wird, kann in Absprache mit dem künftigen Besitzer festgelegt werden; die beiden luxuriösesten Aspekte neben dem historischen Charme sind aber definitiv die Lage und die Erreichbarkeit sowohl mit dem Auto als auch per Helikopter. Vermittelt wird das Anwesen über Marlies Muhr Immobilien, der Kaufpreis beträgt 24 Millionen Euro.

Türmchen und Arkaden

Eine geballte Ladung Glanz vergangener Zeiten steht derzeit auch in Baden zum Verkauf: Die herrschaftliche Villa aus dem späten 18. Jahrhundert hat Türmchen, Giebel, Balkone und Arkaden im Überfluss zu bieten und diente einst Erzherzog Wilhelm als Sommerresidenz am Fuße des Kleinen Lindkogels. Als ehemaliges Jagdschloss von Franz von Neumann geplant und von Paul Wasserburger erbaut, steht das Anwesen heute unter Denkmalschutz und besteht aus einem Haupt- und einem L-förmigen Nebengebäude − beide mit gegliederten, reich verzierten Fassaden. Auf den insgesamt 2400 Quadratmetern Wohnfläche finden sich jede Menge liebevoll erhaltener Details, von stuckverzierten Gewölbedecken bis zu aufwändig geschnitzten Holzarbeiten, neben modernen Elementen wie beispielsweise einem Fitnessbereich in der ehemaligen Stallung oder einem Wellnessbereich in einem Nebengebäude.

Auch die Gartenanlage weist Elemente diverser Epochen auf: So finden sich auf den insgesamt 55.000 Quadratmetern nicht nur alte Bäume, historisch angelegte Wege und Plätze, eine private Gruft, ein Lusthaus, eine Zisterne und ein historischer Zaun um einen Teil des Areals, sondern auch ein computergesteuertes Bewässerungssystem und ein moderner Pool. Genutzt werden kann das Anwesen, das an ein Naturschutzgebiet angrenzt, sowohl gewerblich als auch privat; vermittelt wird es über Martina Wasserbauer Immobilien, aufgerufen sind dafür zwölf Millionen Euro.

Historisch auf amerikanisch

Etwas anders als in Europa wird der Begriff historisch dagegen in den USA ausgelegt. Dort, wo alteingesessene Geschäfte stolz „gegründet 1984“ über ihre Eingangstüren schreiben, ist alles, was eine 18 am Anfang der Jahreszahl stehen hat, nahezu prähistorisch. Weshalb das noble Südstaaten-Stadthaus in Savannah – einer der schönsten und ältesten Städte des Landes – mit einem Baujahr von 1858 und einer Lage mitten in der Altstadt auch als „historisches Juwel“ vermarktet wird. Das vierstöckige Haus wurde von Architekt John Norris erbaut und kürzlich gründlich renoviert, wobei allerdings der alte Charme der hohen Decken, glänzenden Pinienböden, aufwendigen Stuckarbeiten und nicht weniger als elf Kamine erhalten blieb. Insgesamt hat das Haus auf gut 770 Quadratmetern Wohnfläche sechs Schlafzimmer, sieben Bäder und einen Weinkeller mit Platz für 1200 Flaschen. Vermittelt wird es über Engel und Völkers Savannah, aufgerufen sind dafür rund 2,66 Millionen Euro.

Alter Glanz, neue Mauern

Manchmal geht es auch nur darum, sich mit der Schönheit vergangener Zeiten zu umgeben, ohne dass das Alter der Mauern wirklich eine Rolle spielt. Diesen Traum vom historischen Wohnen light verwirklichten für sich vor fast 25 Jahren die Bauherren eines üppigen Wohnsitzes in Marokko, der gänzlich befreit von Auflagen des Denkmalschutzes der Alhambra im spanischen Granada nachempfunden ist. 1300 Handwerker arbeiteten drei Jahre an diesem Bau in Marrakesch, um mit Zellij-Mosaiken, fein geschnitzten Holzdecken, Säulengängen, Wasserbecken und Bogenfenstern die Stimmung des Originals aus dem 13. Jahrhundert wiederzugeben. Etwas weniger großzügig als das Original ist der Nachbau in Sachen Zimmeranzahl. Auf 5500 Quadratmetern herrschen in den 25 Räumen aber auch hier keine beengten Verhältnisse. Zusätzlichen Platz bieten ein Haus für Personal sowie ein Poolhaus, für das körperliche Wohl sorgen ein Hammam, ein Jacuzzi sowie ein eigener Brunnen. Ähnlich verwunschen wie der des Originals ist inzwischen auch der aufwendig angelegte Garten mit seinen über 40.000 Quadratmetern, auf denen in den vergangenen Jahren neben Palmenalleen auch ein üppiger Rosengarten Zeit zum Wachsen hatte. Außerdem sorgen hier Zierteiche und Springbrunnen aus Marmor für Zerstreuung. Vermittelt wird das Anwesen über Christie's International Real Estate, Preis auf Anfrage. (SMA)

HISTORISCHE OBJEKTE

Wenn ein Objekt eine – nach Möglichkeit positive – Vorgeschichte und dazu noch prominente Namen unter den Vorbesitzern und/oder Architekten aufzuweisen hat, freut sich nicht nur die Marketingabteilung des Vermarkters. Viele Interessenten suchen Einzigartigkeit, und diese ist bei Objekten, die (noch) von Hand erbaut wurden, stärker gegeben. Vor allem dann, wenn der Charme der guten – gar nicht zwangsläufig so alten – Zeit erhalten wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2017)

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