Kinderzimmer: Am Einhorn kommt heuer keiner vorbei

Luxus für Groß und Klein. Gefragt sind familientaugliche Wohnungen in der Stadt.

Spätestens dann, wenn Kinder da sind, teilt sich die Immobilienwelt auch im Luxussegment in zwei Fraktionen: Die einen zieht es hinaus ins Grüne – was je nach Budget und Liebe zur Stadt Hietzing und Grinzing oder Baden und Mödling bedeuten kann –, damit der Nachwuchs mit Garten, Pool und meist elterlichem Shuttle-Service aufwachsen kann. Die andere Hälfte will mit den Kids lieber in der Stadt bleiben und sucht familiengerechte Lösungen, was nicht immer einfach ist.

Ohne Auto in der Stadt

„Momentan gibt es einen leichten Trend zurück in die Stadt“, weiß Maklerin Elisabeth Rohr. „Besonders gefragt sind dabei im Luxussegment Wohnungen in oder in Gehweite zum ersten Bezirk, da immer weniger ihr Auto nutzen wollen, auch wenn sie eines haben.“ Allerdings ist der Wunsch nach einer familiengerechten Wohnung in dieser Lage mit robusten Budgets nicht immer leicht zu erfüllen, weshalb inzwischen Abstriche gemacht werden. „Da werden teilweise andere Räume geopfert, um jedem Kind ein eigenes Zimmer zu ermöglichen“, so Rohr.

So habe es beispielsweise beim „Living Kolin“ einige Käufer gegeben, die die Küche in den Wohnbereich integriert oder auf eines der Bäder verzichtet haben, um so ein Zimmer mehr zu schaffen. Und sich bei den Grundrissen flexibel gezeigt haben, wenn das Bad der Kinder nicht en suite, sondern vielleicht auf der anderen Seite des Gangs gelegen ist.

Auch bei der Ausstattung der Bäder geht der Trend zu einer gewissen neuen Bescheidenheit: War es vor zwei, drei Jahren noch angesagt, in der Nasszelle des Nachwuchses spezielle Waschtische und WCs zu haben, die in Größe, Design und Höhe auf die Kinder ausgerichtet waren und alle paar Jahre versetzt oder erneuert werden mussten, tun es heute auch wieder ganz normal-luxuriöse Bäder, wie Nicola Daxberger, Geschäftsführerin des Kinderzimmerausstatters Raumelfen, berichtet: „Das geht schon wieder zurück, weil es einfach zu viel Aufwand ist.“ Ein eigenes Kinderbad ist aber nach wie vor ein Muss, so Daxberger, genau wie ein eigenes Zimmer für jedes Kind, das alle Funktionen für Schlafen bis Hausübungen-Machen erfüllen muss; idealerweise darf es auch noch ein zusätzliches Spielzimmer geben.

Ein Bedarf, dem die Bauträger im Highend-Bereich zunehmend Rechnung tragen, wie Rohr berichtet. „Da sind die Kinderzimmer dann vielleicht nur neun oder zehn Quadratmeter groß“, so die Maklerin. Ein Beispiel für solche neuen Familienwohnungen sei beispielsweise das Projekt „The Ambassy“ in der Beatrixgasse, in dem bis Ende 2018 insgesamt 204 unterschiedlich angelegte Luxuswohnungen entstehen, darunter auch sogenannte Family-Town-Houses. „Sie haben auf einer Fläche von 130 bis 150Quadratmetern drei beziehungsweise vier vollwertige Schlafzimmer und einen kleinen Eigengarten“, so die Inhaberin von Rohr Real-Estate, die die Koordinierung der Vermarktung bei diesem Projekt innehat.

Eigene Wohnung für die Nanny

Aber nicht nur bei den Zimmergrößen, auch bei der Frage, wer wirklich innerhalb der Wohnung leben soll, gibt es inzwischen ein Umdenken, mit dem es leichter wird, auch mit mehreren Kindern in der Stadt genug Platz zu finden. Dazu gehört, dass die Nanny nicht mehr zwangsläufig auf einer Ebene mit der Familie leben muss, sondern lediglich in der Nähe – ein Konzept, bei dem manche Bauträger mit kleinen Einheiten in den nicht gar so populären Etagen exklusiver Projekte reagieren. „Dabei handelt es sich oft um Einliegerwohnungen, die wahlweise für die Unterbringung der Nanny oder als separater Arbeitsbereich genutzt werden“, berichtet Rohr – was möglicherweise ein Luxus ist, den auch die Kindermädchen zu schätzen wissen.

„Gebrochenes“ Weiß im Trend

Wenn es um die Einrichtung der – kleinen oder großen – Kinderzimmer geht, herrschen immer noch ruhige Farben wie neutrale Weiß- und Grautöne vor: Im Kommen, aber auch nicht gerade ausgesprochen mutig, ist heuer ein gebrochenes Weiß, wie Daxberger erzählt. „Die Farbe kommt dann mit den Accessoires, die bunt in alle Richtungen sind“, erklärt sie. Und an einem Accessoire kommt man heuer auch im Luxussegment – im dem normalerweise alles „Gewöhnliche“ wie Disney-Charaktere oder Bob, der Baumeister schwer verpönt sind – nicht vorbei: dem Einhorn. Das populäre Fabelwesen hat in die feinsten Kinderzimmer Einzug gehalten, da können die geschmackvollen Mütter noch so sehr versuchen, mit ebenfalls beliebten Motiven wie Schwänen, Pelikanen oder Walen dagegenzuhalten. „Das Einhorn hat wirklich eine Sonderstellung“, schmunzelt Daxberger; und auch Tina-Marie Efferl, die sich mit ihrem Unternehmen Lilli-Marleen auf hochwertige, handgemachte Baby-und-Kinderaccessoires spezialisiert hat, bestätigt: „Das Einhorn ist der Oberknaller, das muss im Moment einfach sein.“

Vom Einhorn abgesehen dreht sich in den Kinderzimmern aber nach wie vor alles um die Nachhaltigkeit, weiß Daxberger: „Die Regel lautet: Je nachhaltiger und lokaler, umso besser.“ Wenn die Einrichtung schon nicht aus Österreich stammt, dann zumindest aus Europa, das hat einfach mit Vertrauen zu tun“, meint die Expertin. Wobei auch Zertifikate gern gesehen sind, aus denen hervorgeht, dass die Ware eben nicht irgendwo von irgendwem in Asien produziert worden ist. „Das ist beispielsweise bei Babydecken sehr wichtig“, weiß Efferl, die ihre Produkte in der Steiermark fertigen lässt. „Die Leute mögen das Handgemachte wieder sehr, das Gefühl, Unikate zu kaufen.“

Wunsch nach Unikaten

Man habe das Gefühl, dass es einen Wunsch nach einem Zurück zum Ursprung gibt, zu einem ruhigeren, außergewöhnlichen Design. Wenn dieses Bedürfnis erfüllt werde, seien die Menschen nach wie vor bereit, „ganz viel Geld für ihre Kinder auszugeben“, so Efferl. „Das ist beispielsweise gerade in Deutschland extrem, in Österreich noch nicht ganz so“, so die Designerin. Aber egal, wie viel Geld die liebenden Eltern für die geschmackvollen, nachhaltigen, gesunden und handgearbeiteten Räume ihres Nachwuchses auch auszugeben bereit sind, vor einem schützt heuer das größte Budget nicht: dem Einhorn. (SMA)

AUF EINEN BLICK

Familienfreundliches Wohnen in der Stadt ist auch im Luxusbereich ein Thema, bei dem manchmal Kompromisse nötig sind und auch gemacht werden. Keinerlei Abstriche gibt es dagegen bei den Materialien für das Kinderzimmer, hier kommen nur nachhaltige, ökologisch einwandfreie Möbel und Accessoires aus möglichst heimischer, zumindest aber europäischer Produktion infrage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2017)

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