Hohe Renditen, hohes Risiko

Auf dem Immobilienmarkt in Russland stehen die Zeichen auf Erholung. Österreichische Investoren und Entwickler treten bei ihren Engagements dennoch auf die Bremse.

Mit der russischen Wirtschaft geht es wieder bergauf. Nach der Rezession in den Jahren 2015 und 2016 erwartet die Europäische Kommission (Quelle: „European Economic Forecast Spring 2017“) für heuer und 2018 wieder ein positives BIP-Wachstum von 1,2 bis 1,4 Prozent.

Der russische Immobilieninvestmentmarkt hat den Aufschwung nach zwei mauen Vorjahren bereits 2016 vorweggenommen. Laut den Experten von Jones Lang LaSalle (JLL) Russia & CIS ist das Transaktionsvolumen um nicht weniger als 74 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar angestiegen. Wie nach der Krise der Jahre 2008 und 2009 sei der Immobilieninvestmentmarkt im Vorjahr der erste gewesen, der auf das sich verbessernde Umfeld reagiert habe, heißt es in einem JLL-Marktbericht. Bis Ende 2017 wird ein Anstieg des Transaktionsvolumens auf 4,5 Milliarden Dollar erwartet.

Geschäft und Politik

Dennoch ist der russische Markt von den Höchstwerten der Jahre 2011 bis 2013 mit einem durchschnittlichen Transaktionsvolumen von 8,5 Milliarden Dollar ein gutes Stück weit entfernt. Und Russland bleibt für viele Immobilieninvestoren ein risikoreiches Pflaster.

Das spiegelt sich nicht zuletzt in den hohen Renditen: Auf dem mit Abstand wichtigsten Markt Moskau bewegen sich die Spitzenrenditen für Büros und Einkaufszentren derzeit zwischen neun und 10,5 Prozent, im Logistiksegment sind es elf bis 12,5 Prozent. In St. Petersburg, der Nummer zwei, können mit Büros und Einkaufszentren 9,5 bis 11,5 Prozent, mit Logistikobjekten 11,5 bis 13,5 Prozent lukriert werden.

Trotz der hohen Renditen hat man sich bei der Immofinanz dazu entschlossen, das Russland-Portfolio, das sich aus fünf Moskauer Einkaufszentren im Wert von knapp einer Milliarde Euro zusammensetzt, abzugeben. „Da unser Russland-Portfolio andere Marktcharakteristika und ein anderes Risikoprofil als unsere übrigen Immobilien aufweist, wollen wir uns davon trennen“, heißt es im Geschäftsbericht für das Rumpfjahr 2016. Bei der Hauptversammlung für dasselbe Jahr im vergangenen September konkretisierte CEO Oliver Schumy: „In Russland ist das politische Element sehr wichtig und hat einen starken Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung.“ Weiters sprach er von einer „dynamischen Bewertungshistorie“.

Die Aktionäre der Immofinanz sind allerdings geteilter Meinung, was den Rückzug aus dem einst durchaus rentablen Russland-Geschäft betrifft. Bei der Hauptversammlung Anfang Juni äußerten sämtliche Anteilseigner ihre Unzufriedenheit mit der Entscheidung. Zuletzt hätten sich ja die Ergebnisse der fünf Einkaufszentren wieder verbessert, weshalb abwarten vielleicht die bessere Strategie sei, hieß es.

Das Management hingegen begründete die Entscheidung mit der schwieriger gewordenen Konkurrenzsituation ebenso wie den Wünschen der CA-Immo-Aktionäre. Letztere wollen der geplanten Fusion beider Unternehmen nur dann zustimmen, wenn der Ausstieg – zur Diskussion steht ein Verkauf oder eine Abspaltung – aus dem Russland-Portfolios gelingt.

Deutlich wohler fühlt man sich mit dem Russland-Engagement bei der Warimpex – trotz der schwierigen Situation der vergangenen Jahre mit hohen Verlusten. Das Unternehmen hält 55 Prozent an der Airportcity St. Petersburg, einem Businesscenter der Premiumklasse. Zum Bestand zählen dort derzeit – nach zwei großen Objektverkäufen 2014 – das Hotel Crowne Plaza sowie das vollständig vermietete Bürogebäude Zeppelin. In Entwicklung befinden sich darüber hinaus ein Multifunktionsgebäude für rund 450 Fahrzeuge sowie Büro- und Archivflächen mit rund 6000 Quadratmetern. „Wir können nicht in die gleiche Lade gelegt werden wie die Immofinanz“, beteuerte CEO Franz Jurkowitsch bei der Hauptversammlung Mitte Juni. Einkaufszentren mit vielen Einzelmietern würden nämlich anders „leiden“ als Bürogebäude.

Er verwies weiters auf die hohe Bonität des russischen Energieriesen Gazprom, dessen Tochterunternehmen sich im Zeppelin eingemietet haben. Aber auch die vergleichsweise hohen Renditen müssten berücksichtigt werden, ergänzte Vorstand Georg Folian.

EU-Länder bevorzugt

Einen gänzlich anderen Zugang verfolgt die S-Immo. Die Immobiliengesellschaft hat Ende der Neunzigerjahre die ersten Schritte nach Osteuropa gesetzt und ist heute – neben Deutschland und Österreich – in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Kroatien, Rumänien und Bulgarien aktiv. „Es ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Unternehmensstrategie, nur in EU-Staaten zu investieren“, betont CEO Ernst Vejdovszky. Dies garantiere eine gewisse Rechtssicherheit und stelle zudem sicher, dass es eine gemeinsame Basis an gemeinsamen Normen sowie ein ähnliches Geschäftsklima gebe. Ein Markteintritt in Russland sei derzeit nicht geplant. Nachsatz: „Nach unserer Einschätzung bedarf es für einen erfolgversprechenden Eintritt in einen riesigen Markt wie Russland erheblicher Investitionen, um die erforderlichen Strukturen zu schaffen.“

AUF EINEN BLICK

Trotz Sanktionen und relativ niedrigen Ölpreises wächst die Wirtschaft in Russland wieder. Auch der Immobilieninvestmentmarkt hat im vergangenen Jahr wieder ein kräftiges Lebenszeichen gegeben: Das Transaktionsvolumen ist um 74 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar (3,76 Mrd. Euro) gestiegen. Die Spitzenrenditen in den beiden Hauptmärkten Moskau und St. Petersburg bewegen sich je nach Asset-Art zwischen neun und 13,5 Prozent. Dass österreichische Investoren dennoch vorsichtig bleiben, liegt an den unberechenbaren politischen Entwicklungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2017)

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