Brasilien: Finanzmärkte feiern rechte Regierung

Nachdem Jair Bolsonaro am vergangenen Dienstag als neuer Präsident des Landes vereidigt worden war und am Mittwoch die ersten Minister ihr Amt angetreten hatten, quittierte die Börse dies mit einem Kursfeuerwerk.
Nachdem Jair Bolsonaro am vergangenen Dienstag als neuer Präsident des Landes vereidigt worden war und am Mittwoch die ersten Minister ihr Amt angetreten hatten, quittierte die Börse dies mit einem Kursfeuerwerk.(c) APA/AFP/EVARISTO SA
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Umweltschützer und Menschenrechtler empören sich. Anleger aber sind von Brasiliens neuem Staatschef begeistert. Sie hoffen auf eine liberale Wirtschaftspolitik.

Brasilia. Während auf den restlichen Finanzplätzen der Welt die Stimmung auch nach Neujahr nicht aufhellte, herrschte in Brasilien förmlich Feierlaune. Nachdem Jair Bolsonaro am vergangenen Dienstag als neuer Präsident des Landes vereidigt worden war und am Mittwoch die ersten Minister ihr Amt angetreten hatten, quittierte die Börse dies mit einem Kursfeuerwerk. Der Leitindex Ibovespa kletterte um 3,5 Prozent, tags darauf markierte er bei 91.596 gleich das nächste Rekordhoch, um am Freitag bei 91.840 Punkten zu schließen. Auf Einjahressicht liegt er damit um über 16 Prozent im Plus. Auch der brasilianische Real legte in der Vorwoche deutlich gegenüber dem US-Dollar zu.

Die Reaktion der Märkte schlägt sich demnach mit der von Umweltschützern und Menschenrechtsaktivisten. Bei ihnen sorgte der frühere Militärhauptmann und Nationalist, Bolsonaro, der auch als „Trump Brasiliens“ bezeichnet wird, mit seinen frauenverachtenden, rassistischen und homophoben Äußerungen von Anfang an für viel Empörung. Demgegenüber hoffen Anleger auf eine liberale Wirtschaftspolitik, die die zuletzt maue Wirtschaft im größten und hoch verschuldeten Land Südamerikas ankurbeln sollte. Die Erwartungen sind umso höher, als das Land drei Jahrzehnte lang von linksorientierten Regierungen gelenkt worden ist.

Agrarindustrie bevorzugt?

Bolsonaro läutete die neue Ära in der Vorwoche denn auch mit einer Reihe firmenfreundlicher Maßnahmen ein. An seinem ersten Arbeitstag übergab er die Verantwortung für Land, das von der indianischen Bevölkerung beansprucht wird, an das Landwirtschaftsministerium. Er entmachtete damit die Behörde für indigene Angelegenheiten und schürte Ängste, dass die Interessen der Agrarindustrie über die der Ureinwohner und den Umweltschutz gestellt werden. Der neue Wirtschaftsminister Paulo Guedes – früher Investmentbanker – sagte, Privatisierungen und eine Vereinfachung des Steuersystems seien die Säulen seines Programms. Hinzu kamen Entscheidungen zu härteren Strafen für Kriminelle und einer nur leichten Anhebung des monatlichen Mindestlohns.

An der Börse legten vorigen Mittwoch die Aktien des größten brasilianischen Versorgers Centrais Elétricas Brasileiras kräftig zu, da Energieminister Bento Albuquerque eine Teilprivatisierung des Konzerns angekündigt hatte. Noch stärker reagierten Aktien des Waffenherstellers Forjas Taurus, die förmlich explodierten, weil Bolsonaro das Recht auf das Tragen von Waffen liberalisieren will.

Der Internationale Währungsfonds rechnet 2019 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent in Brasilien. Ob es Bolsonaro wirklich gelingt, die Wirtschaft anzukurbeln, hänge aber davon ab, ob er im Kongress Mehrheiten für tiefgreifende Reformen wie etwa im Rentensystem organisieren könne, schrieben die Analysten der Ratingagentur Fitch. (ag./est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2019)

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