Woodstock, Wahlmotive und Wortklaubereien

Wenn Sie wie ich Duygu Özkan gegenübersäßen, wüssten Sie: Özkan kann nicht nur gut schreiben, sondern auch richtig gut erzählen – und richtig lustig.

Nun ist Özkans spontane Audioversion der Woodstock-Erlebnisse von Machiko Mory zwar perdu, aber auch ihren Text für unser Cover zum 50. Jahrestag der Mutter aller Sommerfestivals kann ich empfehlen. Er zeigt die retrospektiv ikonischen Tage aus der Sicht einer 18-Jährigen aus konservativem US-japanischen Elternhaus. Den musikhistorischen Kontext dazu liefert Samir H. Köck, inklusive netter Trivia, wie etwa, dass Woodstock nie in Woodstock stattgefunden hat – nur waren die Tickets halt schon gedruckt.

Sonst wirft auch an grell ausgeleuchteten Augusttagen der Wahlkampfherbst zarte Schatten: So bittet Chefredakteur Rainer Nowak wieder die Spitzenkandidaten zum „13 Fragen“-Videointerview. Den Anfang macht diesen Sonntag FPÖ-Chef Norbert Hofer, der, wieNowak herausarbeitet, eine Art indirektes Wahlmotiv präsentiert hat: Wer nicht will, dass Hofer sich als Bundespräsident bewirbt, muss demnach die FPÖ wählen. Denn bei einer Neuauflage von Türkis-Blau lässt Hofer die Hofburg fix aus und will stattdessen Vizekanzler bleiben.

Der Wahl, also der Wahl der Worte, widmet sich auch eine lose Serie, die Begriffe des Wahlkampfs erklärt. Aktuell beantwortet Oliver Pink: Was ist bürgerlich? Und auch Norbert Mayers „Mediator“ ist diesmal innen- bzw. außenpolitisch: Er analysiert den Berliner Prozess zum Ibiza-Video sowie Heinz-Christian Straches erstes TV-Interview post Rücktritt. Inhaltlich hart, zeiht Strache doch Expartner Sebastian Kurz des Wortbruchs und der Unglaubwürdigkeit (Kurz müsse vom Schreddern gewusst haben), bleibt sein Ton trotzdem sommerlich. Was am freundlichen Plauderpartner liegen mag. Denn wo fand Straches verbales Comeback zu Oligarchennichten und Co. statt? Auf RT Deutsch, früher: Russia Today. Und man fragt sich: Ist das Humor?

ulrike.weiser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2019)

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