Kommissar Rex

Wie bellt eigentlich der Kommissar Rex,wienerisch oder »deutschländisch«? Und warum redet sein Herrchen nur so seltsam?

Rudolf Muhr, der patriotischste unter Österreichs Linguisten, hat sich nun schon zum zweiten Mal in Ö1 über eine Sprachbarbarei des österreichischen Fernsehens empört: In der Serie „Kommissar Rex“ spreche der Kommissar eines Wiener Kommissariats „mit explizit deutschländischem Akzent“, womit Muhr meint: wie ein Deutscher. Und gespielt werde die Rolle „ausgerechnet von einem Österreicher“, Tobias Moretti. Nicht genug damit, reden dessen Untergebene auch noch im breitesten Wienerisch. Die Botschaft dahinter sei eindeutig, hier werde ein Statusunterschied markiert: Der Chef spricht wie ein Deutscher, die Unterläufel reden wie die Österreicher.

Dass der Moretti sich für so was hergibt! Aber er hatte wohl keine Wahl, denn bei der Serie, einer Koproduktion zwischen ORF und Sat1, habe sich wieder einmal der Größere durchgesetzt, mit der Begründung, die Deutschen würden das sonst nicht verstehen. Und bei diesem Argument platzt Muhr endgültig der rot-weiß-rote Kragen: „Stellen Sie sich einmal dieselbe Situation vor, eine Serie, die in Hamburg spielt, und der Kommissar redet breites Wienerisch. Absurd!“

Lustiger Vergleich, schade, dass er hinkt. Stimmig würde er lauten: Die Untergebenen im Hamburger Kommissariat reden breites Hamburgerisch, und der Chef spricht Hochdeutsch. Denn Moretti redet in der Serie eben nicht einen regional identifizierbaren Dialekt, sondern, ja was eigentlich? Ich mag betriebstaub sein, aber ich höre da kein Bundesdeutsch, sondern ein Bühnendeutsch, sogar mit leicht österreichischer Klangfärbung, das Idiom eines Schauspielers, der sich den Tiroler wegtrainiert hat. Moretti kauft doch für seinen Hund keine „Fleischwurstbrötchen“, sondern „Wurstsemmeln“.


Das Gefälle, das Muhr hier konstatiert, ist eben keines zwischen Deutschland und Österreich, sondern eines zwischen Schriftsprache und Dialekt. Dass der Kommissar im Gegensatz zu seinen Kollegen Hochdeutsch spricht, ist in der Tat ein Stilbruch. Aber dass man in einer Serie, in der ein Deutscher Schäferhund der Klügste der Ermittler ist, auf linguistische Kriterien gepfiffen hat, empfinde ich als eher lässliche Sünde.

Auch wenn es die Anhänger des Lokalpatriotismus schmerzt: Die Fernsehmacher haben offenbar darauf gesetzt, dass sich die Kids mit diesem Kommissar, der immer die schönsten Frauen abkriegt, erst dann so richtig identifizieren, wenn er sprachlich nicht identifizierbar ist.

Und dass so ein cooler Typ aus dem ewigen Niemandsland der Helden auch noch in einem hiesigen Kommissariat arbeitet: umso besser! Das Erfolgskonzept von „Kommissar Rex“ ist in über 100 Länder exportiert worden. Das war möglich, weil es gerade nicht bloß vom Lokalkolorit lebt.

dietmar.krug@diepresse.com 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2012)

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