Kunstwerte

Temporär und flexibel

Steigende Kosten für Mieten und Messen bringen einen neuen Trend bei Galerien. Statt fixer Standorte setzt man auf Pop-up-Ausstellungen und Kooperationen.

Gentrifizierung und Globalisierung sind die zwei G, die der Kunstbranche kostentechnisch den Schweiß auf die Stirn treiben. Das betrifft vor allem kleinere und junge Galerien. Wer Kunst verkaufen will, siedelt sich in großen Städten an. Doch in Kunstmetropolen sind die Immobilienpreise kaum mehr leistbar. In New York beträgt eine Miete in der Lower Eastside für eine Galerie in der Größe einer Besenkammer gut und gern 5000 Dollar pro Monat. Größere Ausstellungsflächen mit 400 bis 500 Quadratmetern im Galerieviertel Chelsea kosten 30.000 Dollar aufwärts. Auch London ist nicht viel billiger. Selbst in Berlin, das lang wegen der günstigen Mieten als Immobilienparadies für die Kreativszene gegolten hat, sind diese Zeiten vorbei. Auch in Berlin hat die Gentrifizierung Einzug gehalten: Durch Umbau und Sanierungen werden Stadtviertel aufgewertet, und wohlhabendere Bevölkerungsschichten verdrängen die ursprünglichen Bewohner.

Globaler Markt. Zudem ist es mit einer Galerie allein längst nicht getan. Der Kunstmarkt ist global geworden, der Druck, die Künstler auf internationalen Messen zu präsentieren, groß. Messekosten sind erheblich. Standmieten, Transporte und Versicherung haben sich laut Branchenkennern in den vergangenen zehn Jahren rund verzehnfacht. Dazu kommen Reise- und Hotelkosten. Da muss eine Galerie je nach Veranstaltung mindestens 50.000–100.000 Euro einnehmen, um allein die Kosten zu decken.

In diesem Kontext gibt es einen international zu beobachtenden Trend, statt fixer Galeriestandorte auf Kooperationen und Pop-up-Räume zu setzen. Magnus Edensvard von der Ibid Gallery hat etwa eine Skulpturenausstellung von David Adamo in der Lobby eines Firmensitzes in der Londoner City organisiert und arbeitet gerade an einer Ausstellung auf einem Boot, das noch diesen Sommer den Regent's Canal entlangfahren soll. Auch der Londoner Galerist Anthony Reynolds hat laut „The Art Newspaper“ nach 32Jahren seine Galerie aufgegeben und kooperiert bei Ausstellungen mit anderen Galerien. Selbst im Altmeistersegment hat sich Alte-Meister-Doyen Johnny Van Haeften von seiner Galerie getrennt um mit mehr Reiseaktivität die steigende Nachfrage aus China nach diesem Genre besser befriedigen zu können. Und in Wien hat Fotospezialist Johannes Faber bereits vor ein paar Jahren seine Galerie in der Dorotheergasse wieder zugesperrt und nützt seine Räumlichkeiten in seiner Wohnung als Ausstellungsfläche. Er mache den Großteil seines Geschäfts im Ausland, da zahle sich die Galeriemiete nicht aus, sagt er.

kunstwerte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2017)

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