Gegengift

Wie man vom Establishment zur neuen Schickeria kommt

Eine konservative britische Wochenzeitschrift sieht das große Frankreich und seine Eliten kollabieren. Die Rückkehr eines Slogans.

Wenn wir gemeinen Leute im Gegengift-Bergwerk mit der Welt unzufrieden sind, also außerhalb des Wochenendes, greifen wir mit Vorliebe zu einer vornehmen Zeitschrift aus England, die von Herren namens Boris Johnson in dicken Ledersofas exklusiver Clubs gelesen wird: „The Spectator“ ist zu jeder Bösartigkeit gegen britische Subjekte fähig, welche die göttliche Ordnung der Monarchie und ihres bewährten Klassenwesens attackieren. Wird über den Kontinent geschrieben, dann vernichtend blasiert. Auch diesmal haben mich die Gentlemen aus London nicht enttäuscht: „The great French collapse“ heißt der Titel. Da hört man die Herren fast schon „Hear! Hear!“ sagen. Die Unterzeile zum raffinierten Feature des Historikers Robert Tombs beseitigt letzte Zweifel: „It's Le Pen against a falling establishment.“ Die Etablierten straucheln! Frankreich kollabiert! Umsturz liegt in der Luft!

Bevor wir uns hier in Erdberg vor den Auswirkungen dieses Bebens zu fürchten beginnen, flüchte ich mich lieber in die Bedeutung. Establishment? Wann habe ich dieses Wort zuletzt skandiert? Ist der Begriff nicht ausgestorben, als Rudi Dutschke und seine Freunde Ende der Sechzigerjahre ihren Marsch durch die Institutionen antraten? Ich schaue in meinem ältesten „Rechtschreib-Duden“ nach – und finde kein „Establishment“.

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