Zwischentöne

Aufwühlende Klänge von Bruckners „dummem Franzosen“

Via CD kann man die Musik eines Pioniers des Ausdruckstanzes und der rhythmischen Pädagogik entdecken, der 1865 in Wien geboren wurde.

Manchmal springen uns die ersten Töne einer unbekannten Komposition an wie ein Raubtier – und die Musik lässt uns danach nicht mehr los. Jüngst erging es mir so beim Abhören einer neuen CD des englischen Labels Nimbus, das für musikhistorische Ausgrabungen aller Art berühmt wurde und soeben Werke von ?mile Jaques-Dalcroze herausgebracht hat.
Das Programm beginnt mit der „Tragédie d'Amour“, gesungen von Elena Moşuc, begleitet vom Symphonieorchester aus Pressburg. Die Stimme der Sopranistin ist schwerer geworden, neigt schon zum Tremolieren, bündelt aber die sieben „Lieder“ ausdrucksstark zu einer dramatischen Szene, einer Art aufwühlenden Miniaturoper über eine Frau, die zwischen zwei Männern steht. Deren einer tötet den Rivalen, um dann freilich Opfer eines im Zuge der erotischen Hingabe vollzogenen Racheakts der Angebeteten zu werden.


So kraus, so fesselnd. Und auch musikalisch ganz auf der Höhe der Zeit des frühen Schönberg („Verklärte Nacht“) oder Alexander von Zemlinskys, mit dessen Musikdramen („Florentinische Tragödie“) die virtuos orchestrierte, spätromantisch-expressionistisch aufrauschende Komposition Dalcrozes einiges gemein hat.
Musikfreunde, die sich etwa bei Werken Franz Schrekers immer danach sehnen, die ekstatischen Aufwallungen mögen endlich ein wenig an Struktur gewinnen, werden hier fündig: Dalcroze beherrschte offenkundig sein Handwerk.

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