Gastkommentar

Ja zum Numerus clausus light! Ein Zuruf aus der Praxis

Replik. Woran der Alltag in den Schulen und in weiterer Folge an Universitäten wirklich krankt.

Rudolf Taschner hat in seinem „Quergeschrieben“ vom 2. März seine zustimmende Haltung zu einer Einbeziehung der Schulnoten seitens der Universitäten für Studienanfänger bekundet, zu einem Numerus clausus light, wie er diese Form der Zugangsbeschränkung bezeichnet. In ihrem „Quergeschrieben“ vom 13. März rundete Gudula Walterskirchen das von Taschner entworfene Bild insofern ab, als sie mit der unbefriedigenden Situation auf Österreichs Universitäten argumentiert.

Wann wird von den für die Schulentwicklung Verantwortlichen endlich erkannt werden, dass es in der Schule weniger um Pisa, großflächigen Einsatz von digitalen Medien und zentral gesteuerte Kompetenzen geht als vielmehr um Fähigkeiten des kritischen Denkens und Hinterfragens? Grundhaltungen allerdings, die, wie Walterskirchen treffend anmerkt, im Uni-Massenbetrieb längst abhandengekommen sind.

In längst vergangenen Zeiten traten die Gymnasien mit dem Anspruch auf, ihren erfolgreichen Absolventen Studierfähigkeit zu bescheinigen. Heute scheint die Matura viel von ihrem einstigen Wert eingebüßt zu haben. Dafür sind vielfältige Gründe zu nennen, so die weitreichenden Veränderungen in der äußeren Schullandschaft. Daran änderte auch die jüngste umfassende innere Schulreform, die Zentralmatura mit all ihren einzuübenden formalen Aufgabenteilen, nichts, im Gegenteil.

Diktat der ständigen Reformen

Längst sind die Schulen einem Diktat der kontinuierlichen Reformen unterworfen – eine jagt die andere. Reform scheint dabei das einzig Gute zu sein, Festhalten an Bewährtem steht nicht mehr zur Debatte und wird mit Stillstand und Blockade gleichgesetzt.

Als weitere Gründe sind gesellschaftliche Entwicklungen zu nennen, die dazu führen, dass heute mehr denn je erwartet wird, dass die Schule Defizite des Elternhauses zu kompensieren vermag. Um dem Kind alle Chancen offenzuhalten, nimmt der Druck auf die Lehrerschaft stetig zu.

Bemühen um Grundkonsens

Dazu kommt noch die leider nicht immer ausreichende (fachliche) Kompetenz von jungen Lehrern, und es steht zu befürchten, dass sich diese in Hinblick auf die neue Lehrerausbildung nicht zum Besseren entwickeln wird.

Es ist natürlich, dass die Schule im Spannungsfeld vieler Strömungen steht. Doch sollte man sich im Interesse aller Beteiligten um einen Grundkonsens bemühen. Der müsste im Falle des vorgeschlagenen Numerus clausus light darin gefunden werden, dass einerseits von engagierten und qualifizierten Lehrern „echte“ Noten, wie Taschner zu Recht fordert, gegeben werden, und andererseits die Universitäten dazu aufgerufen sind, bei ihren Aufnahmeverfahren die Abschlusszeugnisse einzubeziehen. Es wäre höchst an der Zeit, dass sich angesichts der vielschichtigen Probleme in Schulen sowie Universitäten klare Linien zur Orientierung und Weiterentwicklung erkennen lassen.

Dass Schulnoten in den Abschlusszeugnissen wieder mehr wert werden, wäre ein Schritt in die richtige Richtung, der auch eine positive Wirkung auf den Unterricht und eine Aufwertung der Schülerleistungen mit sich brächte. Als Praktikerin sehe ich seit Langem die hier angesprochenen Probleme und kann bestätigen, dass mir hochmotivierte und leistungsorientierte junge Menschen darin recht geben. Auch wenn die Bildungsbürokraten nicht aufhören, uns Steine in den Weg zu legen, ist das für mich zumindest ein Anlass zur Hoffnung.

Michaela Masek studierte Klassische Philologie und Psychologie/Philosophie, unterrichtet an einem Wiener Gymnasium und ist Lehrbeauftragte am Institut für Philosophie der Universität Wien.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 16.03.2017)

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