Die Zukunft Afrikas ist auch die Zukunft Europas

Für europäischen Marshallplan, um Afrikas eigenständige Entwicklung zu fördern.

Meine Gratulation zum Gastkommentar „Europa braucht einen Plan für die unruhige Nachbarschaft“ von Karl Aiginger, dem früheren Leiter des Instituts für Wirtschaftsforschung, den „Die Presse“ am 6. Juni abdruckte. Jedes Wort in dem Text ist zu unterstreichen. Der historische Marshallplan der Amerikaner für Europa in den Jahren 1947 bis 1952 war eine der intelligentesten und wirkungsvollsten Friedensinitiativen der jüngeren Geschichte. Nun ist Europa herausgefordert, eine ähnliche Initiative der Hilfe zur Selbsthilfe für Afrika zu starten.

Schock vom September 2008

Mit dem Schicksal Afrikas entscheidet sich auch das Schicksal Europas in diesem Jahrhundert. Entweder ergreifen wir die Riesenchance und es gelingt gemeinsam, die enormen Potenziale dieses Kontinents für wirtschaftliche Prosperität, soziale Aufstiegschancen und dauerhaften Frieden zu nützen. Oder wir schlittern geradewegs in die Katastrophe, wenn Hunderte Millionen Afrikaner ihrem Elend durch Flucht nach Europa zu entkommen versuchen.

Bereits 2003 haben wir gemeinsam mit dem Ulmer Informatikprofessor Franz Josef Radermacher und Freunden aus der Zivilgesellschaft in Deutschland und Österreich die Global Marshall Plan Initiative gestartet. Durch einen globalen Marshallplan für eine weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft soll eine effektive Entwicklungszusammenarbeit mit fairen, sozialen und ökologischen Spielregeln für die globalisierte Ökonomie verknüpft werden.

Jahrelang waren unsere Bemühungen wie ein Kampf gegen Windmühlen. Erst der Schock vom September 2008, als ein aus den Fugen geratener Spekulationskapitalismus die gesamte Weltwirtschaft in den Ruin gerissen hätte, wenn nicht die Regierungen mit Tausenden Milliarden von Dollar, Euro etc. Bankenrettungsprogramme gestartet hätten, wirkte wie eine Alarmsirene. Seither arbeiten alle wichtigen globalen Wirtschaftsinstitutionen wie Internationaler Währungsfonds, Weltbank, OECD, G20 etc. an einem neuen Paradigma für die globale Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Hoffnungsvolle Initiative

Sie sprechen dabei von „Green and Inclusive Economy“. Dieses Konzept entspricht 1:1 dem Modell der Ökosozialen Marktwirtschaft: Leistungsorientierte Marktwirtschaft, soziale Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit. Die im September 2015 von der UNO beschlossenen „Nachhaltigen Entwicklungsziele 2015 bis 2030“ sowie der Klimavertrag von Paris sind wichtige Umsetzungsschritte.

Zu Beginn dieses Jahres hat die Bundesrepublik Deutschland eine verheißungsvolle Initiative gestartet. Bei einer eindrucksvollen Konferenz mit vielen Repräsentanten afrikanischer Staaten hat der für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zuständige Bundesminister Gerd Müller den „Marshallplan mit Afrika“ vorgestellt. Das Motto: „Afrika und Europa – eine neue Partnerschaft für Entwicklung und Frieden“.

Mobilisierung der EU

Vorrangig geht es um Unterstützungsmaßnahmen für die eigenständige wirtschaftliche Entwicklung in Afrika und damit um Jobs und Aufstiegschancen vor allem für die jungen Menschen in Afrika. Mit dem politischen Gewicht Deutschlands sollte es dabei gelingen, die gesamte EU für ein arbeitsteiliges Partnerschaftsprojekt mit Afrika, wie auch Professor Aiginger es vorschlägt, zu mobilisieren. Denn: Die Zukunft Afrikas ist auch unsere Zukunft!

Josef Riegler (* 1938 in Judenburg) war von 1987 bis 1991 Minister in zwei Bundesreigerungen und von 1989 bis 1991 Bundesparteiobmann der ÖVP. Er formulierte das Konzept der Ökosozialen Marktwirtschaft.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2017)

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