Gastkommentar

Propagandistische Ablenkungen von Verbrechen Israels

Replik. „Krieg gegen Terror“ als Vorwand für Demontage von Völker- und Menschenrecht.

Es ist weiter nicht überraschend, dass sich auch „Presse“-Kolumnist Christian Ortner im Rahmen der seit Monaten laufenden weltweiten PR-Kampagne Israels zu Wort meldet. In seinem „Quergeschrieben“ vom 25. Mai hat er es auf das UN-Hilfswerk für Palästinenserflüchtlinge Unwra abgesehen und verbreitet Halbwahrheiten und Lügen, die man zur Genüge kennt.

Diese sind bereits wiederholt entgegnet und berichtigt worden. Aber das kümmert jene nicht, die – frei nach Matthäus 7.3 („Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“) – von den Verfehlungen und Verbrechen Israels ablenken möchten. Die Autoren des Buches, aus dem Ortner zitiert, sind sattsam bekannte israelische Lobbyisten, ihre Publikation ist also ein propagandistisches Machwerk, das nicht zuletzt von den aktuellen Verbrechen (nahezu 200 gezielt Getötete, darunter Kinder und Frauen im Gazastreifen) ablenken soll.

So verhält es sich etwa bei einem der seit mehreren Jahren verbreiteten Vorfälle. Tatsächlich wurden im Juli 2014 – während des verheerenden israelischen Angriffs „Operation starker Fels“ auf den Gazastreifen (1843 tote Palästinenser, die Infrastruktur total zerstört) – in zwei Fällen versteckte Waffen in wegen der Sommermonate und der israelischen Angriffe gesperrten Unwra-Schulen gefunden.

Keine Rede von Hetze

Die Waffen wurden von der Unwra entdeckt, sie wurden sofort entfernt und auch die israelische Armee wurde informiert. Übrigens griff die israelische Armee fast gleichzeitig vier Unwra-Gebäude an, die als provisorische Unterkünfte für ausgebombte Menschen dienten – und töteten dabei insgesamt 63 schutzsuchende Zivilisten.

Ähnlich verhält es sich auch mit dem Vorwurf, in den Unwra-Schulen würde systematisch Judenhass verbreitet und gegen Israel gehetzt. Tatsächlich werden die verwendeten Materialien unter strengster internationaler Kontrolle erstellt, von Hetze kann keine Rede sein. Das wurde zuletzt sogar von der israelischen Verwaltung für die palästinensischen Gebiete bestätigt.

Rein humanitäres Mandat

Zu Unwra ist zu sagen, dass das Hilfswerk durch Beschluss der Generalversammlung der UNO am 8. Dezember 1949 eingerichtet worden ist und am 1. Mai 1950 seine Tätigkeit aufgenommen hat. Seine Aufgabe war, die von Israel 1948/49 vertriebenen 750.000 Palästinenser zu betreuen. Das Mandat der Unwra ist daher ausschließlich ein humanitäres. Die Anzahl der betreuten Personen ist inzwischen auf rund fünf Millionen angestiegen, das Mandat immer wieder verlängert worden.

Das wirkliche Ziel der israelischen Schmutzkampagne sind aber zweifellos die Vereinten Nationen und das von diesen repräsentierte System. Dieses hat gewiss Mängel und Schwächen, aber es ist noch immer besser als das Gesetz des Dschungels.

Israel ist 1949 unter bestimmten Bedingungen in die UNO aufgenommen worden (z. B. die Respektierung der Rechte des palästinensischen Volkes auf einen unabhängigen Staat sowie auch das grundsätzliche Recht auf Rückkehr der Vertriebenen), es kann und will die inzwischen unzähligen israelkritischen Beschlüsse aber nicht akzeptieren. Ähnlich wie die Schutzmacht USA vertritt es eine arrogante und selbstsüchtige Politik, die keine Achtung vor Werten wie Menschen- und Völkerrecht hat. Das alles sollte man mitbedenken, wenn man Auslassungen wie jene von Christian Ortner liest.

Fritz Edlinger ist Generalsekretär der „Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen“, Publizist und Herausgeber der Zeitschrift „International“. Seine jüngste Publikation: „Palästina – 100 Jahre leere Versprechen“ (Promedia 2017).

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2018)

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