Wir müssen über die Lex Uber reden

Die Wirtschaftskammer zeigt mit ihrem Gesetzesentwurf zu Uber, dass sie sich gegen Veränderungsprozesse wehrt.

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Am Wochenende war die CD-Sammlung dran, einige Hundert Silberscheiben aus mehreren Jahrzehnten, an fast allen hing mein Herz. Dennoch – sie wurden entsorgt. Es ist Jahre her, dass ich eine davon aufgelegt habe. Als stille Zeitzeugen standen sie seither im Regal, längst von Spotify abgelöst. Beim Ausmustern, musste ich an den neuen Gesetzesentwurf der Wirtschaftskammer zum Fahrtendienst Uber denken und daran, dass trotz des Festhaltens an der Vergangenheit das Neue immer ins Leben kommt, egal, wie schmerzhaft das ist.

Das Problem dieser Anpassung des Mietwagengesetzes ist nicht die Befähigungsprüfung für Mietwagenfahrer – die gibt es in anderen Ländern auch. Zwar kann man diskutieren, ob die Prüfungsinhalte im Zeitalter von Navigationssystemen die richtigen sind, aber gute Ausbildung hat noch nie geschadet. Viel heikler ist die Festlegung von Mindesttarifen, fehlt doch eine gute Begründung, warum die Öffentlichkeit ein ähnliches Interesse daran haben soll wie bei Buchpreisen oder Medikamenten. Zu diskutieren ist jedenfalls das Leveling-up, das zwar gleiche Voraussetzungen für alle herstellen will, ohne aber gleiche Privilegien zu gewähren. Oder dürfen Mietwagen dann auch die Taxispuren verwenden? An Taxistandplätzen stehen und Fahrgäste aufnehmen? Das wäre dann ja nötig, vor allem in Zeiten, in denen öffentlicher Raum immer knapper wird und daher nicht nachvollziehbar ist, warum Konsumenten einen Wettbewerbsvorteil bezahlen müssen. Taxis müssten aufgrund der garantierten Standplätze in bester Lage eigentlich günstiger sein oder zumindest die Öffentlichkeit dafür entschädigen.

Regierung und Wirtschaftskammer übersehen den wesentlichen Punkt: Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Die Parallelen zur Musikindustrie und zum Aufstieg von digitalen Downloads und Streaming sind unübersehbar. Wollte die Musikindustrie vor Jahren noch mit Milliardenklagen Plattformen wie Napster und Grooveshark für immer verhindern, zeigt sich heute, wie dieser Kampf ausgegangen ist.

Neue Technologien bewirken eine Neuordnung der Märkte und verändern das Verhalten von Konsumenten. Wer mit Realismus und Freude in die Zukunft blickt, würde tun, was nötig ist, um den Veränderungsprozess zu gestalten, negative Effekte abzufedern und zeitgleich die Vorteile für möglichst viele Menschen spürbar zu machen.

Bewahrung des Bestehenden

Eigentlich überrascht es nicht, dass sich die Wirtschaftskammer in diesem Fall für die Bewahrung und Absicherung des Bestehenden entscheidet. Es geht schließlich um die bestehende Mitgliederbasis und deren Interessen statt die zukünftiger Mitglieder. Hyperbolic Discounting nennt das die Wissenschaft. Dass aber die Bundespolitik hier zum Nutzen weniger (zu Recht aufgebrachter Taxifahrer) die klar sichtbare Zukunft negiert und stattdessen in den Protektionismus kippt (Franz Schellhorn liefert dazu im „Profil“ eine treffende Analyse), ist beachtlich.

Statt sich um die Förderung jener Unternehmen zu kümmern, die in Zukunft Arbeitsplätze, Steuern und Innovation bringen, werden jene unterstützt, deren Veränderung längst begonnen hat. Das erinnert an die hilflosen Versuche der 1980er, die verstaatlichte Industrie zu retten. Zeitgleich stellt man die Initiative „Digital Austria“ vor, mit dem Anspruch, die „beste digitale Zukunft“ für Österreich zu schaffen. Das ist paradox. Beim Auftakt der Initiative zeigte das offizielle Österreich, wie es sich die Digitalisierung vorstellt: anhand eines heimischen Vorzeigeunternehmens. Es produziert Fahrräder.

Michael Schuster ist Unos-Bundessprecher der Fraktion der Neos in der Wirtschaftskammer.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2019)

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