Es ist eben keine "Ehe light"!

Replik auf „Presse“-Kommentar. Einige Klarstellungen zum Synodenbeschluss zur Segnung homosexueller Paare.

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Kein guter Kommentar ohne gute Recherche, damit man nicht wie der Blinde von der Farbe redet. Dieser Fehler ist Dietmar Neuwirth in seinem Leitartikel in der „Presse“ vom 11. März unterlaufen, behauptet er doch, die Evangelische Kirche A.B. habe sich auf eine „Ehe light“ für gleichgeschlechtliche Paare verständigt. Genau das Gegenteil ist der Fall.

Nach leidenschaftlichem Ringen hat die lutherische Synode am vergangenen Samstag beschlossen, dass gleichgeschlechtliche Paare, von denen wenigstens ein Partner evangelisch ist, die eine Zivilehe geschlossen haben, künftig genauso einen Dank- und Segnungsgottesdienst feiern können wie heterosexuelle Paare. Allerdings nur in Pfarrgemeinden, die auf Basis der Synodenentscheidung diese Regelung durch Beschuss der Gemeindevertretung einführen. Gemeinden, die dagegen weiter theologische Bedenken haben, werden zu diesem Schritt ebenso wenig gezwungen wie Pfarrerinnen oder Pfarrer, die dies aus Gewissensgründen ablehnen. So soll und wird es gelingen, trotz unterschiedlicher Standpunkte die Einheit der evangelischen Kirche zu wahren.

Die Synode vermeidet das Wort Trauung, allerdings auch im Fall eines Gottesdienstes anlässlich der Eheschließung von Mann und Frau. Sie spricht stattdessen in beiden Fällen von einem Dank- und Segensgottesdienst. Nichts anderes ist nämlich auch die bisher übliche Trauung nach evangelischem Verständnis, ist doch die Ehe kein Sakrament, sondern ein „weltlich Ding“, wie Martin Luther sagt. Sie gehört in den Bereich der Schöpfung, aber nicht zur Heilsordnung wie Taufe und Abendmahl.

Ob man nun von Trauung redet oder nicht, künftig kann es für homo- wie heterosexuelle Paare einen Gottesdienst geben, in dem neben biblischen Lesungen und einer hoffentlich guten Predigt das wechselseitige Versprechen lebenslanger Treue und die Bitte um Gottes Segen für den gemeinsamen Lebensweg stehen. In beiden Fällen wird der Gottesdienst nun als Amtshandlung in den Kirchenbüchern verzeichnet. Voraussetzung ist allerdings die Zivilehe. Eingetragene Partnerschaften, die seit 1. Jänner auch heterosexuellen Paaren offenstehen, sind davon ausgenommen. Sie können nur im seelsorglichen Rahmen einen Segen erbitten.

Hochschätzung der Ehe

Mit dieser Entscheidung bringt die lutherische Kirche ihre Hochschätzung der Ehe zum Ausdruck. Es gibt also in der evangelischen Kirche keine „Ehe light“, und zwar für niemanden.

Wenn im Hinblick auf homosexuelle Paare von „eheanalogen“ Partnerschaften gesprochen wird, sollen diese nicht etwa gegenüber der Ehe von Mann und Frau abgewertet, sondern im Gegenteil aufgewertet werden. Das ist in der Berichterstattung offenbar nicht immer richtig verstanden worden. Analogie bedeutet Entsprechung. Die lutherische Kirche hält am biblischen Leitbild der Ehe als lebenslanger Verbindung von Mann und Frau unverändert fest. Lässt es sich aber theologisch begründen, dass auch eine verbindlich gelebte monogame gleichgeschlechtliche Partnerschaft, die durch Freiwilligkeit, lebenslange Treue, wechselseitige Fürsorge in guten wie in schlechten Zeiten bestimmt ist, dem Leitbild der Ehe nach reformatorischem Verständnis entspricht, dann sind solche Lebensbünde, wenn sie in einer rechtlich verbindlichen Weise geschlossen werden, kirchlich zu achten und positiv zu würdigen.

Genau das tut die lutherische Kirche mit ihrem Synodenbeschluss vom 9. März. Sie passt sich dabei keineswegs dem Zeitgeist an, sondern handelt aus dem Geist des Evangeliums im Hören auf das Zeugnis der Heiligen Schrift.

Ulrich H. J. Körtner ist Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Uni Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2019)

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