20 Jahre Euro: Eine Währung für alle?

Der „Euro für alle“ würde dem EU-Binnenmarkt neuen Schub verleihen.

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Mit seinen 20 Jahren gehört der Euro noch zu den ganz jungen Währungen. Zunächst nur als Buchgeld eingeführt, wurde er am 1. Jänner 2002 – heute in 19 EU-Mitgliedstaaten – gesetzliches Zahlungsmittel. In seiner Geschichte wechseln sich Erfolge und Misserfolge ab. Der Euro hat sich zwar als zweitwichtigste Weltwährung (20 % der weltweiten Währungsreserven werden in Euro gehalten) etabliert, er kann aber die Dominanz des Dollars (62,7 %) noch lang nicht gefährden. In der EU ist die Zustimmung zum Euro laut jüngsten Eurobarometer-Umfragen mit 75 % sehr hoch (Österreich: 76 %).

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Eurozone ist durchaus gemischt: In der „Schönwetterperiode“ von 1999 bis 2008 konnte das durchschnittliche jährliche Wachstum des realen BIPs der Eurozone (2,1 %) mit jenem der USA (2,6 %) nahezu mithalten. In der „Eurokrisenperiode“ von 2009 bis 2019 fiel die Wirtschaftsleistung der Eurozone (0,9 %) stark hinter jene der USA (1,8 %) zurück. In der Eurozone brach kurz nach der Großen Rezession 2009 – ausgehend von Griechenland – die Eurokrise aus und dämpfte die Entwicklung. Auf dem Höhepunkt der Eurokrise, Mitte 2012, benötigten fünf von damals 17 Eurostaaten massive Finanzhilfen seitens der neuen geschaffenen Euro-Rettungsinstrumente (EFSM, EFSF und ESM).

Als Folge der massiven keynesianischen Eingriffe der EU-Mitgliedstaaten zur Milderung der Großen Rezession 2009 schoss die Staatsverschuldung stark in die Höhe. Besonders dramatisch war der Anstieg in den Peripheriestaaten der Eurozone: Griechenland löste mit der Aufdeckung der „Verschuldungslüge“ Anfang 2010 die Euro-Schuldenkrise aus. Die Finanzmärkte erhöhten dramatisch die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen und lösten ähnliche Effekte für die Staatsanleihen anderer Peripheriestaaten aus. Einer der Gründe, warum Staatsschulden in Eurostaaten seit der Einführung des Euro ein größeres Problem darstellen als zuvor, besteht darin, dass sie jetzt Staatsanleihen in einer „fremden“ Währung ausgeben. Auf dem Höhepunkt der Eurokrise im Juli 2012 wurde EZB-Präsident Mario Draghi mit seiner Aussage „. . . whatever it takes . . .“ zum „Retter“ des Euro. Er hat die Finanzmärkte beruhigt und die Schuldenkrise in den Peripheriestaaten entschärft.

Österreich ist Euro-Gewinner

Der Euro kennt Gewinner und Verlierer. Die meisten Studien sehen einen positiven Einfluss des Euro auf den Intra-EU-Handel und die Einkommen. Der Euro hat die positiven Wirkungen der vier Freiheiten des EU-Binnenmarkts verstärkt. Er würde dies noch mehr tun, würden alle EU-Mitgliedstaaten den Euro einführen. Im Fall Österreichs haben 25 Jahre EU-Mitgliedschaft und 20 Jahre Euro-Teilnahme dazu geführt, dass das reale BIP pro Kopf um jährlich zusätzlich 1 % gewachsen ist. Davon gehen 0,7 % auf die EU-Mitgliedschaft und 0,3 % auf die Euroeinführung zurück. Die extreme Niedrigzinspolitik der EZB hat nicht allen Wirtschaftssubjekten geholfen: Die Sparer wurden „bestraft“, die Kreditnehmer begünstigt.

Letztlich bleibt die Frage, ob der Euro für die nächste Krise gerüstet ist. Der Euro ist ein einmaliges Experiment, das noch nicht von allen EU-Mitgliedstaaten eingeführt wurde und das Potenzial zur Spaltung des Binnenmarkts hat. „Der Euro für alle“ ist daher dringend notwendig. Letztlich müsste man mehr Europa bis hin zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ wagen. Nur so würde man – wie in den USA – zurück zur überlebensfähigen Situation einer natürlichen Geldordnung kommen: „One country, one money“.

Fritz Breuss ist Jean-Monnet-Professor für wirtschaftliche Aspekte der Europäischen Integration an der WU Wien und Managing Editor von Empirica, Journal of European Economics. Eine längere Fassung des Textes finden Sie hier: www.oegfe.at/policybriefs

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2019)

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