Pensionssystem – wieder kein Thema im Wahlkampf?

Das jetzige System ist veraltet und bedürfte dringend der Überholung.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

Während Medien und die Bevölkerung bereits mangelnde inhaltliche Tiefe im Wahlkampf beklagen, liegen einige Themen auf der Hand. In diesen Tagen läuft der Intensiv-Wahlkampf an, und bis zur Wahl am 29. September wollen die einzelnen Parteien der Wählerschaft ihre Standpunkte vermitteln. Neben dem Klimaschutz – eines der global wichtigsten Themen – wäre es gut, wenn sie auch ihre Vorstellungen zum österreichischen Pensionssystem präsentieren würden.

Im Kern widerspiegelt das Pensionssystem – dominiert von der staatlichen Pensionssäule – nach wie vor die Erwartung der 1950er- und 1960er-Jahre. Demnach kann eine stets steigende Zahl von Erwerbstätigen die Ansprüche der Pensionisten abdecken. Aber dem ist nicht mehr so. Denn in Zukunft werden immer weniger Menschen im aktiven Erwerbsleben stehen, zugleich wird der prozentuelle Anteil der über 65-Jährigen deutlich zunehmen.

Im Vergleich zu den 1970er-Jahren betragen unsere Erwerbsjahre heute etwa um 15 Prozent weniger. Dafür sind wir fast dreimal so lang in Pension und etwa um ein Viertel länger in Ausbildung. In rund fünf Jahren beginnt die Generation der Babyboomer in Pension zu gehen. All das wird dazu führen, dass die staatliche Pension eine immer größere Lücke bei Pensionsantritt im Vergleich zum letzten Bezug offen lassen wird.

Drei Säulen wären besser

Es besteht daher schon heute ein Konsens unter Experten, dass die zweite und dritte Säule zukünftig eine wesentliche Ergänzung zur ersten Säule darstellen sollten. Die erste Säule des Pensionssystems ist die Grundsicherung. Diese wird durch eine kapitalgedeckte kollektive betriebliche Zusatzpension (zweite Säule) ergänzt und kann noch um eine individuelle Privatvorsorge (dritte Säule) aufgestockt werden – wenn man sich das leisten kann. Die betriebliche Altersvorsorge, die in Österreich großteils über Pensionskassen-Lösungen angeboten wird, hat sich in den letzten beinahe 30 Jahren ihres Bestehens bei rund einer Million Österreicherinnen und Österreicher etabliert.

Langfristige Betrachtung

Die heimischen Pensionskassen veranlagen für diese Menschen 23 Milliarden Euro auf den internationalen Finanzmärkten und erwirtschaften im langjährigen Durchschnitt 5,22 Prozent pro Jahr.
Wichtig ist dabei die langfristige Betrachtung, denn natürlich kann kurzfristig einmal ein schwaches Jahr dabei sein. Allerdings ist der langfristige Ertrag sogar in den letzten zehn Jahren, in der sogenannten Nullzinsphase, bei den Pensionskassen bei 4,14 Prozent gelegen. Hätte man sein Geld aufs Sparkonto gelegt, wären im Durchschnitt nur 1,56 Prozent mehr dazugekommen.

Die Generation der heute 30- bis 45-Jährigen blickt dem Alter mit gemischten Gefühlen entgegen. Jeder und jede Dritte fürchtet, in der Pension den Lebensstandard nicht halten zu können.
Die Bevölkerung erwartet sich hier daher von der Politik klare und nachhaltige Ansätze. Dabei steht längst nicht mehr nur der Staat in der Verantwortung. Fast drei von vier Befragten der erwähnten Umfrage wünschen sich, dass die Arbeitgeber einen Beitrag zur Zusatzpension leisten.

Und die Politik? Diese ist in den nächsten Wochen gefordert, zum Pensionssystem, seiner Weiterentwicklung und der Generationengerechtigkeit klare Antworten zu geben. Gerade dieses Thema könnte für die Wählerschaft ein Grund sein, die Stimme am 29. September der einen oder der anderen Partei zu geben.

Mag. Andreas Zakostelsky (* 1962 in Sydney) ist seit 2010 Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen. Generaldirektor der VBV-Gruppe.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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