Wer nimmt die Studenten ernst?

Studium und Beruf lassen sich kaum noch vereinbaren. Unis und Politik schauen zu.

Die Anforderungen an die Akademiker von morgen sind klar: Jung müssen sie sein – und dennoch breite Berufserfahrung und einen guten Abschluss (mit Mastertitel, denn der „berufsqualifizierende“ Bachelor ist nicht gern gesehen bei Firmenchefs) vorweisen können. Nun ja. Die Realität sieht anders aus: Um die Vereinbarkeit von Job und Studium ist es in Österreich nicht gut bestellt. Wer neben der Ausbildung arbeitet, kann sich ein Studium in Mindestzeit im Normalfall abschminken. Wer nicht arbeitet, kann sich die Ausbildung hingegen oft nicht leisten. Betroffen ist immerhin knapp die Hälfte aller Hochschüler, Tendenz steigend. Immer mehr klagen über psychischen Druck und Existenzängste.

Was Unis und Wissenschaftsministerium gegen diesen Trend tun? Wenig bis nichts. Ein paar Blocklehrveranstaltungen da, ein Wochenendseminar dort. Für echte Konzepte hat es nicht gereicht. Im Gegenteil: Mit dem Bologna-System wurde ein noch stärker verschultes System eingeführt. Teilzeitangebote beim Bachelor seien – weil wissenschaftlich nicht sinnvoll und zu teuer – nicht geplant, lassen die Rektoren verlautbaren. Das Ministerium schreibt solche zwar vor, kann aber (ob der Uni-Autonomie) kaum mehr tun, als mahnend den Zeigefinger zu erheben. Für die Verbesserung des Stipendienwesens hingegen fehlt das Geld. Eines konnten also auch die Uni-Proteste nicht ändern: Ein Gefühl für die Lebensrealität der Studenten ist bei den Verantwortlichen bis heute nicht entstanden.


christoph.schwarz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2010)

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