Glaubensfrage

Kommunion für evangelische Ehepartner

Während der Zeit der Erstkommunion wird in Deutschland heftig über die Kommunion für evangelische Ehepartner debattiert. Gut so.

Papst Franziskus hat sehr rasch den Ernst der Lage erkannt. Von wegen er kümmere sich wenig bis gar nicht um den reichen Wohlfühlkontinent Europa! Der Konflikt in Deutschland währt erst seit Kurzem, schon zitiert der Chef der römischen Zentrale den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Rapport.

Der Grund ist die unter Theologen intensiv diskutierte Frage: Dürfen evangelische Ehepartner von Katholiken, die gemeinsam die Messe besuchen, auch die Kommunion empfangen? Ja, unter bestimmten Voraussetzungen, sagt Kardinal Marx. Er stützt sich auf einen jüngsten Beschluss seiner Bischofskonferenz für eine bisher geheime „Handreichung“, den die Vollversammlung mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst hat. Dummerweise haben hinterher sieben Bischöfe, angeführt vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, auch nicht gerade ein kirchlicher Nobody, dem öffentlich widersprochen. Mehr noch, die Abtrünnigen haben sich Hilfe suchend an den Vatikan gewendet.

Das wieder ist eine Provokation für den sich seiner wichtigen Rolle sehr gewissen Münchner Kardinals Marx. Immerhin gilt er als Vertrauter von Papst Franziskus, der ihn ja auch in den neuen Kardinalsrat gerufen hat. Das ist jenes Gremium, das an der Kurie vorbei Reformen derselben vorbereiten soll (über deren Tempo man trefflich streiten könnte). Vielleicht hat Marx sein innerkirchliches Gewicht überschätzt, jedenfalls ist wenig daran auszusetzen, wenn sich der Vatikan der Sache annimmt. Immerhin steht nicht gerade eine Kleinigkeit zur Disposition, sondern ein Sakrament.

Damit aber befinden wir uns im Kern katholischer Ausbildung von Kirche-Sein. Gleichzeitig scheiden sich genau hier auch die evangelischen Geister. Zwischen Abendmahl- und Eucharistiefeier existiert eben seit Luther ein grundlegender Unterschied. Den in der Praxis (ob leichtfertig oder nicht tut wenig zur Sache) zu verwischen oder einzuebnen wäre zum Schaden aller Beteiligter. Vielleicht sollten diese Differenzen auch und gerade in einer weit fortgeschrittenen Phase des ökumenischen Dialogs wieder unzweideutig klar benannt werden. Zu viel erzwungene oder bloß vorgetäuschte Harmonie zwischen den Kirchen wäre kontraproduktiv. Niemand wird doch ernsthaft einen Rückfall in Zeiten des Krieges zwischen den Kirchen befürchten.

Und in Österreich? Wie sieht es da aus? Gibt es hier keine Probleme mit gemischt konfessionellen Familien? Natürlich schon, wenn auch im Mutterland der Reformation in anderer Intensität als im Mutterland der Gegenreformation. Aber in Österreich gibt es derartige Diskussionen in der Öffentlichkeit erst gar nicht und auch keine „Handreichung“, wie sie in 20 Ländern existiert. In Österreich herrscht überhaupt, was theologische Dispute betrifft, weitgehende Stille. Fast schon suspekt.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2018)

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