Plötzlich Tierschützer

Man kennt das ja schon von den Frauenrechten. Da entdeckt so mancher, der am Tag davor noch über einen frauenfeindlichen Witz gelacht hat, plötzlich den Feministen in sich. Dann nämlich, wenn es um die Rolle der Frau in anderen Kulturkreisen oder Religionen geht. Nicht viel anders läuft derzeit das Spiel mit dem Tierschutz. Da entdeckt so mancher, der am Tag davor noch ein Schnitzel aus einem Mastbetrieb um wenig Geld im Supermarkt gekauft hat, die Tierliebe in sich. Weil es sich um die rituelle Schlachtung dreht, die im Judentum und Islam praktiziert wird.

Und ja, man kann über die Schächtung diskutieren. Welche Vorschriften es jetzt schon gibt, ob man sie angesichts neuer Methoden – etwa Betäubungsverfahren – adaptieren kann. Oder ob es weitere Mittel gibt, um das Leid von Tieren bei der Schlachtung möglichst gering zu halten. Aber wenn man schon den inneren Tierschützer in sich entdeckt hat, könnte man diese Frage ja auch gleich für die konventionelle Schlachtung stellen. Aber da ist der Tierschutz dann vielleicht doch nicht mehr so wichtig. 

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2018)

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