Männlich, Migrant und Fernseh-Junkie. Ein Klischee, das der Realität entspricht.
Das gängige Vorurteil gegenüber Klischees lautet, dass diese nicht (mehr) der Realität entsprächen. Manchmal deckt sich ein Klischee aber doch mit der Realität. Wie nun die Feinanalyse der PISA-Studie zeigt: Testsieger in Österreich sind strebsame Mädchen aus Akademikerhaushalten ohne Fernseher. Am unteren Ende rangieren Migrantenkinder, die jede Menge Fernseher und DVD-Player, aber keine Bücher sowie eine arbeitslose Mutter zu Hause haben. Der Vater arbeitet Teilzeit.
Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen und manche Experten es rund um die Veröffentlichung der PISA-Studie sogar leugneten: Migranten schneiden gerade bei der Lesekompetenz deutlich schlechter ab. Das ist vorwiegend ein soziales, aber wohl auch ein kulturelles Problem, meist geht es Hand in Hand.
Die Lösung, um aus diesem Circulus vitiosus herauszukommen, ist keine einfache: Je mehr Wert auf Bildung gelegt wird, desto eher wird es den Migranten gelingen, in der sozialen Hierarchie aufzusteigen, was dann wiederum der Schulkarriere ihrer eigenen Kinder förderlich sein wird. Die Migranten beziehungsweise deren Interessenvertreter müssen das in erster Linie aber selbst in die Hand nehmen.
Das war übrigens seinerzeit einer der Vorzüge der aufstrebenden Sozialdemokratie: Dass sie sich nicht nur als Interessenvertretung für die Arbeiterschaft verstand, sondern auch als Bildungseinrichtung für dieselbe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2010)