Verteidigungsminister Darabos musste umschwenken und der Entsendung von Sanitätern nach Mali zustimmen. Die Entscheidung ist richtig. Darabos sollte trotzdem gehen. Denn er ist völlig diskreditiert.
Nun hat es sich Verteidigungsminister Norbert Darabos also anders überlegt. Österreich wird die EU-Trainingsmission in Mali mit Ärzten und Sanitätern unterstützen. Ihre Aufgabe wird es sein, jene europäischen Soldaten medizinisch zu versorgen, die zwei Bataillone der nicht besonders beeindruckenden malischen Armee auf Vordermann bringen sollen. Es war nie daran gedacht, dass die 250 europäischen Ausbildner und ihre 200 zusätzlich entsandten Beschützer an Kampfhandlungen teilnehmen.
Sie sollen Malis Militär lediglich in die Lage versetzen, gegen die Rebellen im Norden des Landes vorzugehen. Diesen Job haben die Franzosen übernommen. Es gelang ihnen in nur drei Wochen, die Islamisten aus deren Hochburgen zu vertreiben. Hätte Frankreich nicht interveniert, säßen die Verbündeten des Terrornetzwerks al-Qaida heute vielleicht in der Hauptstadt Bamako. Denn die Freunde des Handabhackens waren munter unterwegs in den Süden.
Darabos hat sich monatelang gegen ein Engagement in Mali quergelegt. Das Bundesheer sei auf dem Balkan und in Nahost beschäftigt genug, ließ er bei jeder Gelegenheit ausrichten. In Wirklichkeit wollte sich der Verteidigungsminister mit Mali nicht die Volksbefragung über die Wehrpflicht versauen. Ähnlich verhielt sich übrigens zunächst Außenminister Michael Spindelegger. Er entdeckte seinen Eifer für Afrika auch erst nach Auszählung der Stimmen am 20. Jänner.
Mehr als 20 der 27 EU-Staaten haben ihre Beteiligung an der Trainingsmission im Sahel bereits zugesagt. Nun leistet auch Österreich seinen solidarischen Beitrag, und das ist gut so. Europa kann nicht dulden, dass vor seiner Haustür ein neuer sicherer Hafen für Terroristen entsteht.
Späte Einsicht ist besser als gar keine. Es erfordert manchmal eine gewisse Größe, Standpunkte zu revidieren. Und wenn dies das einzige Bewertungskriterium wäre, könnte man glatt zum Schluss kommen, dass Darabos derzeit geradezu über sich hinaus wächst. Denn der Verteidigungsminister räumt eine Position nach der anderen. Mit Weitsicht oder Charakterstärke hat dies jedoch nichts zu tun. Man muss es leider sagen: Darabos gibt nur noch eine jämmerliche Figur ab. Warum er nicht spätestens nach seiner Niederlage bei der Volksbefragung zurückgetreten ist, weiß nur er. Wer erst die Wehrpflicht rhetorisch in Stein meißelt, dann auf Zuruf des Wiener Bürgermeisters zum glühenden Verfechters eines Berufsheeres mutiert und am Ende nach verlorener Abstimmung als Minister ein Ergebnis umsetzen will, das er davor bekämpft hat, den kann niemand mehr ernst nehmen. Es ist nur in Österreich möglich, dass ein derartig diskreditierter Pirouettendreher, der sein Ministerium nachweislich nicht im Griff hat, einfach in seinem Amt sitzen bleibt.
Darabos agiert nicht mehr, er reagiert nur noch, auch in der Frage der Mali-Mission, in der er erst umschwenkte, als er in der Bundesregierung und in der EU auf verlorenem Posten stand. Sicherheitspolitisch bietet Österreich in Europa mit seiner antiquierten Neutralität ohnehin oft ein merkwürdiges Bild; mit Darabos als zuständigem Minister ist es verheerend. Er sollte abtreten.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2013)